Das deutsche Abrechnungssystem ist in seinen Grundzügen zunächst darüber bestimmt, in welcher Form Ihre Patienten versichert sind. Sowohl eine gesetzliche als auch private Krankenversicherung ist prinzipiell möglich. Hiervon hängt für Sie als Arzt oder Zahnarzt ab, wie Sie erbrachte Leistungen in der Arztpraxis abrechnen können. Die wichtigsten Unterschiede haben wir Ihnen in der folgenden Übersicht zusammengefasst:
Neben den bereits aufgeführten Maßstäben und Gebührenordnungen existieren in Deutschland weitere Abrechnungsgrundlagen. Darunter die Folgenden:
Als niedergelassener Arzt mit Kassenzulassung stehen Ihnen im Rahmen der ärztlichen Vergütung festgelegte Geldbeträge zu, wenn Sie eine Leistung an einem gesetzlich Versicherten erbringen. Bei der Abrechnung in Ihrer Arztpraxis ist zunächst der Einheitliche Bewertungsmaßstab (kurz: EBM) maßgeblich. § 87 des fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) bildete den Ausgangspunkt des EBM, da laut Absatz 1 die Vereinbarung eines solchen Maßstabs durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sowie den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) vorgesehen ist. Der EBM regelt damit die Leistungsvergütung bei gesetzlich versicherten Patienten und ermöglicht Ihnen als Arzt, Honorare für Einzelleistungen sowie Kostenpauschalen abzurechnen.
Für welche Personengruppen gilt der EBM?
Neben Vertragsärzten und einigen weiteren Leistungserbringern gilt der EBM laut den Allgemeinen Bestimmungen (Abschnitt 1.1) für folgende Personengruppen:
- Psychologische Psychotherapeuten
- Kinder- und Jugendpsychotherapeuten
- Angestellte Ärzte
- Medizinische Versorgungszentren
Bei der Abrechnung von ärztlichen Leistungen nach dem EBM existieren einige Begrifflichkeiten, Prinzipien und Grundsätze. Damit Sie als Arzt wissen, was sich dahinter jeweils verbirgt und die Begriffe in einen Zusammenhang stellen können, haben wir Ihnen die Wichtigsten zusammengestellt:
Laut § 12 SGB V müssen Sie als Vertragsarzt das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Dahinter verbirgt sich, dass alle Leistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein müssen und nicht über das notwendige Maß hinausgehen dürfen.
Ebenfalls durch das fünfte Sozialgesetzbuch geregelt ist das sogenannte Sachleistungsprinzip. Hierdurch wird ermöglicht, dass GKV-Versicherte die Kosten einer Behandlung nicht im Vorhinein selbst bezahlen müssen. Die Abrechnung medizinischer Leistungen findet im Rahmen der GKV nach dem Sachleistungsprinzip nicht mit dem Patienten selbst statt. Anders ist dies bei Privatpatienten und Leistungen, die nicht von der GKV abgedeckt werden.
Im EBM sind mit den Gebührenordnungspositionen (GOP) 03220 bis 03222 Pauschalen für chronisch erkrankte Patienten vorgesehen, die Sie als Arzt in Form eines Zuschlags abrechnen können. Dies setzt voraus, dass die entsprechenden Kriterien erfüllt sind.
Zum 1. Januar 2023 wurde die Neupatientenregelung durch den Bundestag abgeschafft. Anstelle der Regelung treten erhöhte Zuschläge, die bei einer schnellen Terminvermittlung an Sie als Arzt gezahlt werden.
Wenn Sie als Vertragsarzt Leistungen nach dem EBM abrechnen, sollten Sie die einzelnen Bestandteile der Vergütung kennen und verstehen. Im folgenden Abschnitt erfahren Sie alles Wichtige über die Zusammensetzung der ärztlichen Vergütung, um die Abrechnung in der Arztpraxis optimal steuern zu können.
Das Honorar als Vertragsarzt wird in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an ein festgelegtes Budget gebunden und ist damit gedeckelt. In diesem Kontext ist vor allem die sogenannte Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) für Sie als Arzt wichtig. In Abhängigkeit von der aktuellen Versichertenzahl und den in der Vergangenheit abgerechneten Leistungen (Vorjahresquartal), treffen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) jedes Quartal eine Vereinbarung in Form eines Kollektivvertrags.
Was ist der Unterschied zwischen einem Kollektivvertrag und einem Selektivvertrag?
Während Kollektivverträge einheitlich zwischen den Krankenkassen, Ersatzkassen und KV geschlossen werden, sind bei Selektivverträgen die Krankenkassen und Sie als Arzt bzw. Leistungserbringer Vertragspartner. Vertragsbestandteile sind damit nicht mehr Teil der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV). Je nach Sitz Ihrer Praxis können zudem Sondervereinbarungen oder Sonderverträge für Sie als Arzt gelten, wenn solche Verträge zwischen Ihrer KV und den Krankenkassen geschlossen wurden.
Die Vereinbarung der Gesamtvergütung bei Kassenärzten erfolgt auf Basis des EBM, der unter anderem Inhalt des Bundesmantelvertrags Vertragsärzte ist. Als Arzt müssen Sie bei der Abrechnung in der Arztpraxis Ihre Honoraransprüche bei der für Sie zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geltend machen. In Deutschland gibt es 17 Kassenärztliche Vereinigungen. Da Nordrhein-Westfalen in zwei Zuständigkeitsgebiete geteilt ist, gibt es sowohl die KV Nordrhein als auch die KV Westfalen-Lippe. Die Abrechnung der von Ihnen erbrachten Leistungen findet daher nicht mit den Krankenkassen statt, da diese lediglich eine Gesamtvergütung als Ausgabenobergrenze an die Kassenärztlichen Vereinigungen zahlen und zwischen diesen Parteien die Honoraransprüche ausgehandelt werden.
Teil der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) sind verschiedene Bestandteile. Daneben besteht zudem die sogenannte Extrabudgetäre Gesamtvergütung (EGV). Insgesamt ergibt sich damit folgende Verteilung:
Um die Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) zu bestimmen, wird in einem ersten Schritt der Behandlungsbedarf ermittelt, der sich in den KV-Bezirken ergibt. Grundlage für die Bewertung dieses Bedarfs bildet der EBM. Um die Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung an die Vertragsärzte zu verteilen, wird ein Honorarverteilungsmaßstab (HVM) vonseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen herangezogen. Da es verschiedene KVen in Deutschland gibt und jede dieser Vereinigungen die Gesamtvergütung mit den Krankenkassen regional aushandelt, gelten unterschiedliche Maßstäbe, was durchaus zu abweichenden Leistungsvergütungen führen kann.
Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen
Neben den Honorar-, Budget- und Vertragsverhandlungen mit den Gesetzlichen Krankenkassen, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) dafür zuständig, dass die ambulante ärztliche Versorgung sichergestellt wird. Aber auch die Bedarfsplanung zählt etwa zu ihren Aufgaben. In diesem Zuge ist wiederum die zentrale Aufgabe der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen), die ambulante vertragszahnärztliche Versorgung zu gewährleisten.
Das anhand des jeweils gültigen Maßstabs verteilte Honorar schlüsselt sich in ein Regelleistungsvolumen (RLV) sowie Qualifikationsgebundene Zusatzvolumen (QZV) auf. Das RLV und QZV sind pro Quartal verfügbar. Bevor ein Quartal beginnt, werden Ihnen als Arzt diese Volumina und damit Ihr Praxisbudget durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) mitgeteilt.
Für Sie als Arzt spielt im Rahmen der MGV das Regelleistungsvolumen (RLV) eine wichtige Rolle, welches spezifisch für die jeweilige Arztgruppe ist, der Sie als Arzt zugehörig sind. Das RLV dient der Mengenbegrenzung und soll ein Überschreiten verhindern. Tritt dies dennoch ein, kann ggf. eine Absenkung des Punktwerts für Sie als Arzt erfolgen. Im Rahmen des Regelleistungsvolumens wird zwischen der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung unterschieden. Wie hoch das Regelleistungsvolumen für Ihre Praxis ausfällt, ist unter anderem dadurch beeinflusst, wie viele Fälle Sie im entsprechenden Quartal des Vorjahres verzeichnet haben. Auch der Fallwert, der in Ihrer Arztgruppe im Durchschnitt anfällt, spielt herein.
Was ist die Jungarztregelung?
Haben Sie als Arzt gerade erst Ihre Zulassung erhalten, gewähren Ihnen die Kassenärztlichen Vereinigungen oftmals einige Vorteile. So bemisst sich das Ihnen zugeteilte Regelleistungsvolumen bei der KV Berlin in den ersten 3 Jahren (12 Quartale) etwa anhand der durchschnittlichen Fallzahl Ihrer Arztgruppe, wenn Sie eine Praxis neu gründen (§ 12 HVM KV Berlin).
Die Qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV) werden für einige zusätzliche Leistungen bereitgestellt, welchen wiederum ein eigener Fallwert zugeordnet ist. So veröffentlicht die Kassenärztliche Vereinigung Berlin für das 1. Quartal 2023 etwa die entsprechenden Volumina. Wichtig ist, dass Sie als Arzt für die QZV-Abrechnung in der Regel eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung oder eine entsprechende Qualifikation vorweisen können müssen.
Losgelöst vom RLV und QZV stehen Ihnen als Arzt in vielen Fachgruppen sogenannte Freie Leistungen zur Verfügung. Auch diese sind Teil der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) und damit begrenzt. Rechnen Sie als Arzt in Ihrer Praxis über das Ihnen zugeteilte Budget mehr Leistungen ab, erhalten Sie lediglich ein abgestaffeltes Honorar.
Leistungen, die als besonders förderungswürdig eingestuft werden, sind Teil der Extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV). Die Vergütung erfolgt hierbei außerhalb der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und unterliegt nicht der Mengensteuerung. Laut dem GKV-Spitzenverband entstammt derzeit der Großteil (circa 70 %) des Arzthonorars aus der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, während nur circa 30 % auf die Extrabudgetäre Gesamtvergütung entfallen.
Welche Leistungen können in der Arztpraxis aus der Extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV) honoriert werden?
Typische Leistungen der Extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV) sind ambulante Operationen, Impfungen sowie Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen zur Prävention.
Rechnen Sie kassenärztliche Leistungen bei gesetzlich Versicherten ab, reichen Sie eine Quartalsabrechnung bei Ihrer zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ein. Im folgenden Abschnitt erfahren Sie, wie sich die Einzelleistungen ergeben, zu welchen Zeitpunkten Sie als Arzt Ihr Honorar erhalten und bis wann Sie die Quartalsabrechnung einreichen müssen.
Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) finden Sie als Arzt Gebührenordnungspositionen (kurz: GOP), die sowohl arztgruppenübergreifend als auch arztgruppenspezifisch sein können. Die konkreten Leistungsverzeichnisse finden sich in den Teilen II bis IV des EBM. Die GOP besteht überwiegend aus 5 Ziffern und ist jeweils einer Punktzahl zugeordnet. Der Leistungswert ergibt sich basierend auf dieser Punktzahl und einem Orientierungswert bzw. Punktwert, der von der KBV und dem GKV-Spitzenverband jedes Jahr neu ausgehandelt wird. Zum 1. Januar 2023 stieg zuletzt dieser Wert auf 11,4915 Cent an. Im Vorjahr betrug dieser noch 11,2662 Cent.
Einzelne Leistungen werden dann im Rahmen der Abrechnung anhand der im EBM zugewiesenen Punktzahl und dem Punktwert durch Multiplikation ermittelt. Erstellen Sie als Vertragsarzt etwa eine biografische Anamnese gemäß der Gebührenordnungsposition (GOP) 35140, ermitteln Sie Ihr Honorar ganz einfach, indem Sie die Punktzahl von 707 mit dem aktuell geltenden Punktwert multiplizieren.
Beispielrechnung – Biografische Anamnese (GOP 35140)
Punktzahl * (aktueller) Punktwert
707 * 0,114915 = 81,24 Euro
Im EBM sind bei vielen Leistungen zudem obligate und fakultative Leistungsinhalte, Voraussetzungen und Kombinationsausschlüsse ausgewiesen. Beachten Sie, dass Sie eine Leistung nach dem EBM nur dann berechnen können, wenn der Leistungsinhalt vollständig erfüllt ist. Dies ist der Fall, wenn alle obligaten Leistungsinhalte erbracht worden sind. Dem stehen fakultative Leistungsinhalte gegenüber, die im Einzelfall erbracht werden können und Bestandteil der GOP sind. Nur solche Leistungen, die tatsächlich im EBM enthalten sind, können über die Gesetzliche Krankenversicherung vergütet werden. Findet sich die Leistung nicht im EBM wieder, kann auf die GOÄ zurückgegriffen werden.
Ein Großteil des Honorars, das Ihrer Praxis für das jeweilige Quartal zugeteilt wurde, wird innerhalb des Quartals in Form von monatlichen Abschlagszahlungen ausgezahlt. Ausgehend von dem zu erwartenden Quartalshonorar erhalten Sie als Vertragsarzt monatlich 27,5 %. Über das Quartal hinweg machen diese Abschlagszahlungen 82,5 % aus. Der Rest (17,5 %) folgt, sobald die Quartalsabrechnung abgeschlossen ist. Die von Ihnen eingereichte und mithilfe Ihres Praxisverwaltungssystems (PVS) erstellte Quartalsabrechnung wird von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auf Rechtmäßigkeit und Plausibilität überprüft. Bei der Prüfung Ihrer Abrechnung finden Richtlinien Anwendung.
Was passiert, wenn ein Patient im Bereich einer anderen Kassenärztlichen Vereinigung behandelt wird?
Behandeln Sie Ihren Patienten in Berlin an Ihrer Niederlassung, rechnen Sie mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin ab. Ist dieser allerdings bei einer Krankenversicherung in einem anderen Bereich Deutschlands versichert, kann es mitunter zu einem Fremdkassenzahlungsausgleich kommen. Dies geschieht zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und basiert auf einem komplexen Verfahren.
Die Abgabefristen für die Quartalsabrechnung in Ihrer Arztpraxis können Sie der Website der für Sie zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung entnehmen. Bei vielen KVen ist die Abrechnung bis zum 10. Kalendertag des Folgemonats einzureichen. Es gibt jedoch auch abweichende Fristen. So ist die Abgabe der Abrechnung bei der KV Hamburg etwa bis zum 15. Kalendertag und bei der KV Berlin bis einschließlich des 8. Kalendertags des Folgequartals möglich. Eine Fristverlängerung kann in begründeten Einzelfällen bei der KV erwirkt werden.
Sie reichen die Quartalsabrechnung auf dem elektronischen Weg bei Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung ein. Um die Quartalsabrechnung digital über die Online-Portale der KVen übermitteln zu können, nutzen Sie die Telematikinfrastruktur (TI). Abhängig von der KV sind zudem weitere Unterlagen – zum Teil in Papierform auf dem Postweg – einzureichen. Informieren Sie sich hierzu bei der für Sie zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung.
Was genau ist die Telematikinfrastruktur? In unserem Ratgeber zum Thema Telematikinfrastruktur erhalten Sie alle Informationen.
Nachdem Sie Ihre Quartalsabrechnung fristgerecht bei Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung eingereicht haben, erhalten Sie in der Regel eine Empfangsbestätigung oder können eine solche anfordern. Hat hier alles funktioniert, müssen Sie noch die sogenannte elektronische Sammelerklärung einreichen. Sollten Sie als Arzt eine Korrektur an der übermittelten Abrechnung vornehmen wollen, finden Sie in der Abrechnungsordnung bzw. den Abrechnungsbestimmungen Ihrer KV weitere Informationen zu Bedingungen und Fristen.
Bei der Leistungsabrechnung mit Privatversicherten oder in Fällen, in denen ein gesetzlich Versicherter eine Behandlung wünscht, die nicht von dessen Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wird, müssen Sie als Arzt gemeinsam mit Ihrem Patienten einen privaten Behandlungsvertrag abschließen. Ihr Patient sollte von Ihnen als Arzt über alle wichtigen Aspekte der geplanten Behandlung informiert werden. So etwa über Behandlungsrisiken, mögliche Folgen sowie alternative Behandlungsoptionen.
Wie wird ein Behandlungsvertrag wirksam geschlossen? In unserem Ratgeber zum Thema Behandlungsvertrag erhalten Sie alle Informationen.
Sind Sie sich unsicher, ob die Behandlungskosten von der Krankenkasse Ihres Patienten übernommen werden, gehören auch die voraussehbaren Kosten zu Ihrer Informationspflicht gegenüber Ihrem Patienten (§ 630c BGB). Schließlich müsste dann der gesetzlich versicherte Patient die Behandlungskosten eigenständig tragen.
Kommt ein gesetzlich Versicherter auf Sie als Arzt zu, greifen Sie bei der Abrechnung anstelle des EBM auf die GOÄ zurück. Als Selbstzahler in der Gesetzlichen Krankenversicherung können entsprechend auch GKV-Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen, die über das Leistungsspektrum der Gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen. Dann spricht man auch von Individuellen Gesundheitsleistungen (kurz: IGeL). Grundsätzlich ist auch das Kostenerstattungsverfahren im Rahmen der Wahltarife möglich. In diesem Fall bezahlt der gesetzlich Versicherte die von Ihnen als Arzt erbrachte Leistung zunächst selbst und reicht die Rechnung anschließend, wie auch Privatpatienten, bei seiner Gesetzlichen Krankenkasse ein. Die Krankenkasse kommt dann nur für den Teil der Rechnung auf, der durch die Leistungen der GKV in der Sozialversicherung abgedeckt ist.
Während Sie als Vertragsarzt Leistungen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen, findet bei Privatpatienten das Kostenerstattungsprinzip Anwendung und die Abrechnung erfolgt direkt mit Ihrem Patienten als Leistungsempfänger in Ihrer eigenen Praxis oder Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Für das Honorar, das Ihnen der Patient zahlt, kann dieser anschließend die Rechnung bei seiner privaten Krankenversicherung (PKV) einreichen und sich die Kosten auf diesem Weg erstatten lassen.
Sowohl bei Privatpatienten als auch in den zuvor beschriebenen Sonderfällen bei Kassenpatienten bildet bei privatärztlichen Leistungen die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die Abrechnungsgrundlage. Wie die Gebührenordnungspositionen (GOP) im EBM, haben auch die Einzelleistungen bzw. Ziffern der GOÄ jeweils eine festgelegte Punktzahl, die durch Multiplikation mit einem Punktwert den Einfachsatz einer Leistung (Mindestsatz) ergibt. Das Honorar können Sie als Arzt zudem durch den Ansatz von Steigerungsfaktoren anpassen.
Worauf ist bei der Abrechnung von Privatleistungen zu achten? In unserem Beitrag zum Thema Abrechnung von Privatpatienten erhalten Sie alle Informationen.
Hier erhalten Sie einen kurzen Überblick der Gebührenrahmen innerhalb der GOÄ:
Nachdem Sie als Arzt den Einfachsatz einer Leistung ermittelt haben (Punktzahl * Punktwert), können Sie diesen Satz je nach Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad steigern. Der Regelhöchstsatz oder auch Schwellenwert bildet eine Leistung mit einem durchschnittlichen Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad ab. Bis zu diesem Satz müssen Sie als Arzt bei der Abrechnung in der Praxis keine Begründung angeben. Auch höhere Steigerungsfaktoren über 2,3, 1,8 und 1,15 dürfen Sie als Arzt bis zum Höchstsatz ansetzen. Dann wird eine Begründung notwendig, warum die von Ihnen als Arzt erbrachte Leistung über dem Durchschnitt liegt. Informieren Sie sich frühzeitig darüber, wie Sie Steigerungsfaktoren bei der Abrechnung anwenden.
Wie werden die Ziffern der GOÄ und der GOZ korrekt gesteigert? In unserem Ratgeber zum Thema Steigerungsfaktoren erhalten Sie alle Informationen.
Wichtig:
Anders als bei der Abrechnung in der Arztpraxis nach dem EBM oder BEMA müssen Sie bei der GOÄ und GOZ keine festgelegten Mengenbeschränkungen oder Budgettöpfe beachten. Dennoch gelten bei den einzelnen GOÄ-Ziffern Ausschlüsse. Nicht jede Ziffernkombination ist daher uneingeschränkt möglich.
Findet sich einmal eine Leistung nicht in der GOÄ oder GOZ, können Sie diese analog anhand einer bestehenden GOÄ- oder GOZ-Ziffer berechnen. Voraussetzung hierfür ist, dass die gewählte Analogziffer nach „Art, Kosten- und Zeitaufwand“ (§ 6 Abs. 2 GOÄ; § 6 Abs. 1 GOZ) gleichwertig ist. Auf der Website der Bundesärztekammer (BÄK) finden Sie beispielhaft ein Verzeichnis von Analogleistungen sowie allgemeine Abrechnungsempfehlungen. Auch die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) stellt Ihnen als Zahnarzt eine Übersicht zur Verfügung. Darüber erhalten Sie als Arzt im Rahmen der GOÄ Entschädigungen in Form von Wegegeld oder Reiseentschädigung. Auch der Ersatz von Auslagen ist vorgesehen. Nicht zuletzt können Sie, falls zutreffend, GOÄ-Zuschläge zur Leistungserbringung berechnen.
Die aktuelle Gebührenordnung für Ärzte stammt aus dem Jahr 1982 und eine Reform ist bereits lange überfällig. Die Bundesärztekammer (BÄK) und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) erarbeiten einen gemeinsamen Vorschlag für eine Novelle der GOÄ, welche den heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zeitgemäßer abbilden soll. Nach heutigem Kenntnisstand sollen in der künftigen GOÄneu wohl keine Steigerungsfaktoren und Punktzahlen mehr enthalten sein.
Für die Abrechnung in der Zahnarztpraxis sind der Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA) bei Kassenpatienten und die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) maßgeblich. Entscheidend ist wie beim EBM und der GOÄ der Versichertenstatus Ihres Patienten. Kassenzahnärztliche Leistungen, die sich im BEMA wiederfinden, sind bei Kassenpatienten nach diesem Maßstab abzurechnen. Ist eine zahnärztliche Leistung nicht im BEMA enthalten, greift wie bei Privatversicherten auch bei gesetzlich Versicherten die GOZ.
Beachten Sie als Zahnarzt außerdem, dass Ihnen bestimmte Abschnitte der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) geöffnet sind. Welche Bereiche das sind, ist in § 6 Abs. 2 der GOZ angegeben. Auch im Rahmen der GOZ können Sie als Zahnarzt verschiedene Steigerungssätze nutzen, um Ihr Honorar zu optimieren. Die Abrechnungsmodalitäten von Kassenpatienten nach dem EBM und dem BEMA sowie bei Privatpatienten nach der GOÄ und GOZ gleichen sich weitestgehend. So sind im BEMA die Inhalte aller nach der Gesetzlichen Krankenversicherung abrechnungsfähigen Leistungen bestimmt.
Über den BEMA entscheidet ein Bewertungsausschuss. Teil dieses Ausschusses sind sowohl die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) als auch der GKV-Spitzenverband. Anders als beim BEMA gibt es nur für Teil 5 einen bundeseinheitlichen Punktwert. Für die restlichen BEMA-Abschnitte wird der Punktwert jedes Jahr auf Länderebene zwischen den 17 Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) und den Krankenkassen bestimmt.
Die Leistungsabrechnung in Arztpraxen und Zahnarztpraxen ist durch viele Gebührenordnungen, Regelungen und komplexe Prozesse geprägt. Entsprechend ist die Abrechnung in Ihrer Praxis unvermeidbar mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Um sich selbst sowie Ihr Praxisteam in diesem Bereich zu entlasten und den Fokus mehr auf Ihre Patienten zu legen, kommt für viele Praxen daher die Auslagerung der Abrechnung an einen externen spezialisierten Dienstleister wie Privatärztliche Verrechnungsstellen (PVS) bzw. eine Abrechnungsstelle infrage. Diese können für Ihre Praxis die Abrechnung aufgrund ihrer fachlichen Expertise vollständig oder auch nur teilweise übernehmen und Sie als Arzt damit nach Ihren individuellen Bedarfen unterstützen.
Da sich stets Neuerungen bei der Abrechnung nach GOÄ und GOZ ergeben, sparen Sie sich als Arzt oder Zahnarzt durch die Beauftragung eines Abrechnungsdienstleisters zusätzliche Zeit, die Sie sonst investieren müssten, um auf dem neusten Stand zu sein und die Abrechnung möglichst zu optimieren. In der Regel können Sie bei einer Abrechnungsstelle zwischen den drei Abrechnungsmodellen Honorarabrechnung, Vorfinanzierung oder Factoring wählen.
Achtung:
Für Ärzte und Zahnärzte kann es durchaus sinnvoll sein, zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen, mit der Sie sich für etwaige Auseinandersetzungen bei der Abrechnung mit den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen absichern. Auch andere Rechtsstreitigkeiten, bei denen gegen Sie als Arzt oder Zahnarzt Ansprüche geltend gemacht werden, sollten Sie bedenken.
Worauf kommt es bei der Auswahl passender Arztversicherungen an? Alle Informationen erhalten Sie in unserem Ratgeber zum Thema Arztversicherung.