Gemäß § 10 Abs. 5 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) ist eine elektronische Speicherung von Daten im Gesundheitswesen grundsätzlich zulässig, sofern eine „Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung“ verhindert wird. Um dies zu gewährleisten, stehen Ärzte in der Pflicht, den entsprechenden Empfehlungen der Ärztekammer zu folgen. Sollen Dokumente nachträglich verändert werden, muss dies mithilfe einer Versionierung erfolgen, sodass auch langfristig nachverfolgbar bleibt, wann welche Änderungen vorgenommen wurden.
Werden die Anamnese, Befunde, Arztberichte etc. von Vornherein digital erstellt und mit einer elektronischen Signatur versehen, ist es ausreichend, dass diese Dokumente ausschließlich digital vorliegen. Gemäß § 371a der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten diese Dokumente auch in ausschließlich digitaler Form als Urkunde und bringen einen entsprechend hohen Beweiswert mit. Dies gilt jedoch nicht zwangsläufig auch für eingescannte Dokumente. Daher ist besondere Vorsicht geboten, wenn Dokumente, die bisher in Papierform vorlagen, digitalisiert werden. Denn der Beweiswert eines digitalisierten Dokumentes kann gegenüber dem Beweiswert eines originalen Papierdokuments im Falle eines Arzthaftungsprozesses geringer ausfallen.
Wenn die Digitalisierung der analogen Dokumente anhand der Technischen Richtlinie 03138 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erfolgt, können die anschließend digital vorliegenden Dokumente ebenso als Original angesehen werden. Laut der Richtlinie ist das Vernichten der analogen Dokumente im Anschluss an das richtlinienkonforme Digitalisieren somit problemlos möglich. Aber: Gemäß eigener Worte hat die Technische Richtlinie 03138 „ohne besondere rechtliche Bestimmungen lediglich empfehlenden Charakter“ (Kapitel 1.1 der Technischen Richtlinie 03138 des BSI).
Vor allem dann, wenn Dokumente in Papierform von Ihren Patienten unterschrieben wurden, stellt das Vernichten der Unterlagen ein Risiko dar. Denn in dem Fall, dass Ihr Patient im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses bestreitet, das Dokument unterschrieben zu haben, ist es bei einem Scan nicht möglich, mithilfe graphologischer Untersuchungen nachzuweisen, dass die Unterschrift tatsächlich von Ihrem Patienten stammt. Hierzu wäre die handschriftliche, originale Unterschrift erforderlich.
Um im Zweifelsfall bestmöglich für die Beweisführung gewappnet zu sein, ist es daher empfehlenswert, diejenigen Dokumente weiterhin für den gesamten Zeitraum der Aufbewahrungsfrist in Papierform aufzubewahren, die von Ihren Patienten handschriftlich unterschrieben wurden und gegebenenfalls als Beweismittel dienen könnten. Dies betrifft häufig vor allem die Patientenaufklärung und Einverständniserklärungen.
Eine Digitalisierung dieser Unterlagen kann dennoch sinnvoll sein – vor allem dann, wenn die Patienten weiterhin bei Ihnen in Behandlung sind und Sie immer wieder Zugriff auf die entsprechenden Dokumente benötigen. Denn auch wenn Sie die Dokumente zusätzlich in Papierform aufbewahren, bieten Ihnen die digitalen Versionen den Vorteil, dass Sie diese per Suchfunktion in Sekundenschnelle digital einsehen oder auch unkompliziert an Kollegen übermitteln können.