Bei den meisten Patientenunterlagen gilt eine Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren nach Abschluss der Behandlung. Die rechtliche Grundlage hierfür bieten § 57 Absatz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), § 630 f Absatz 3 BGB und § 10 Abs. 3 der ärztlichen Berufsordnung (BO). In all diesen drei Gesetzestexten ist die 10-jährige Aufbewahrungspflicht für Ärzte einheitlich geregelt.
Die 10-jährige Aufbewahrungsfrist gilt beispielsweise für die folgenden Unterlagen:
- Arztbriefe (sowohl eigene als auch fremde)
- EEG- und EKG-Streifen
- Krankenhausberichte
- Untersuchungsbefunde
- Karteikarten
- Laborbücher
- Laborbefunde
- Unterlagen zu sonographischen Untersuchungen
- Patientenakten
- Gutachten
- Notfall-/Vertretungsscheine
- Kinder-Krankheitsfrüherkennung
Für schriftliche und eingescannte Unterlagen gilt dabei in Deutschland dieselbe Aufbewahrungspflicht für Ärzte. Strittig ist dabei allerdings, ob Arztbriefe in Papierform, die bereits eingescannt wurden und somit in digitaler Form vorliegen, vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet werden dürfen, oder ob die Arztbriefe nach dem Scannen sowohl in Papier- als auch in digitaler Form aufbewahrt werden müssen.
Während ein in Papierform unterschriebener Arztbrief in einem potenziellen Prozess als Beweis dienen kann, ist der Beweiswert verringert, wenn der Arztbrief während eines Prozesses ausschließlich in digitaler Form vorhanden ist. Um für potenzielle zukünftige Rechtsstreitigkeiten bestmöglich gewappnet zu sein, besteht die risikoärmste Lösung daher darin, die Unterlagen sowohl in Papier- als auch in digitaler Form bis zum Ende der Aufbewahrungspflicht für Ärzte bzw. bis zur Verjährung möglicher Schadensersatz- und/oder Schmerzensgeldansprüche aufzubewahren.
Sofern aus einer anderen Rechtsgrundlage eine längere Aufbewahrungspflicht hervorgeht, gilt stattdessen diese (vgl. § 10 Abs. 3 BO, § 57 Abs. 2 BMV-Ä und § 630f Abs. 3 BGB). Die ehemalige Röntgenverordnung (RöV, 2018 außer Kraft getreten) sowie die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und das Transfusionsgesetz (TFG) schreiben zum Teil beispielsweise Aufbewahrungsfristen von 15, 20 oder sogar 30 Jahren vor. In diesen Fällen haben die Aufbewahrungsfristen dieser Verordnungen und Gesetze Vorrang gegenüber der 10-jährigen Aufbewahrungsfrist aus BMV-Ä, BGB und BO.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele von Aufbewahrungsfristen, die in RöV, StrlSchV und TFG geregelt sind und teilweise über 10 Jahre hinausgehen.
Besonderheiten bei Röntgenbehandlungen von Kindern und Jugendlichen:
Wenn Kinder oder Jugendliche geröntgt werden, beginnt die Aufbewahrungsfrist der zugehörigen Unterlagen und Röntgenbilder erst mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres. Somit müssen die Unterlagen mindestens bis zum Ende des 28. Lebensjahres aufbewahrt werden.
Neben den zuvor genannten Aufbewahrungsfristen gibt es auch einige Unterlagen, bei denen per Gesetz nicht die Notwendigkeit besteht, diese mindestens 10 Jahre lang aufzubewahren.
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über Dokumente, die lediglich 1 Jahr oder 3 Jahre lang aufbewahrt werden müssen.
Auch nach Ablauf der 10-jährigen Aufbewahrungsfrist, können Patienten im Falle eines Behandlungsfehlers ggf. noch Schmerzensgeld- und/oder Schadensersatzansprüche geltend machen. Wenn die Patientenakten zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits vernichtet sind, haben Sie als Arzt eine schlechte Grundlage, um nachzuweisen, dass Sie während der Behandlung all Ihrer Pflichten nachgekommen sind und Ihnen keine Behandlungsfehler unterlaufen sind, die einen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen würden.
Als Arzt unterliegen Sie zahlreichen Pflichten. Einen Überblick Ihrer ärztlichen Pflichten erhalten Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichten der Ärzte.
Da die Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld erst nach 30 Jahren verjähren (vgl. §§ 197 Abs. 1, 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB), ist es daher aus haftungsrechtlichen Gründen sinnvoll, alle Unterlagen, die zur Entkräftigung einer Klage auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld relevant sein könnten, 30 Jahre (anstatt nur 10 Jahre) lang aufzubewahren. Dies gilt vor allem, aber nicht nur, bei Patienten mit chronischen Erkrankungen sowie auch bei Patienten, in deren Behandlung es Komplikationen gegeben hat oder die einen Rechtsstreit begonnen oder damit gedroht haben.
Prozess wegen Behandlungsfehler: Bei wem liegt die Beweislast?
Wenn ein Patient seinem Arzt einen Behandlungsfehler vorwirft, liegt die Beweislast normalerweise beim Patienten selbst, d.h. der Patient muss beweisen können, dass Ihnen als Arzt ein Fehler unterlaufen ist. Eine mangelhafte Behandlungsdokumentation kann jedoch zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des Patienten führen, da Gerichte davon ausgehen könnten, dass ein Arzt, der unzureichend und unsorgfältig dokumentiert, seine Patienten gegebenenfalls ebenso unzureichend und unsorgfältig behandelt. Im Falle dieser Beweiserleichterungen müssten dann Sie als Arzt nachträglich beweisen, dass Sie alle notwendigen Behandlungsschritte erfolgreich durchgeführt haben – was ohne eine sorgfältige Dokumentation schwerfallen dürfte.
Als Arzt unterliegen Sie einer Dokumentationspflicht. Welche Pflichten für Sie daraus resultieren, erfahren Sie in unserem Beitrag zum Thema ärztliche Dokumentationspflicht.
Die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen gelten über die Zeit Ihrer ärztlichen Tätigkeit hinaus.
- Bei Praxisaufgabe:
Auch falls Sie Ihre Arztpraxis eines Tages aufgeben, müssen die Patientenunterlagen weiterhin aufbewahrt und unter Verschluss gehalten werden (§ 10 Abs. 4 Berufsordnung).
- Bei Praxisübergabe:
Sollten Sie Ihre Praxis zukünftig an einen Nachfolger übertragen, muss zunächst die schriftliche Zustimmung Ihrer Patienten eingeholt werden, bevor Sie die Patientenakten an Ihren Nachfolger übergeben dürfen.
- Im Todesfall:
Wenn ein Arzt verstirbt, geht seine Pflicht, die Patientenunterlagen entsprechend der jeweiligen Fristen aufzubewahren, an seine Erben über. Gleiches gilt auch für die Schweigepflicht (§ 203 Abs. 3 StGB).
Tipp:
Um als Arzt im Ruhestand oder als Erbe rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, gilt es, den individuellen Fall jeweils mit der zuständigen Ärztekammer zu besprechen.
Neben Patientenunterlagen fallen in einer Arztpraxis zahlreiche Unterlagen wirtschaftlicher Natur an, darunter beispielsweise Rechnungen oder Lieferscheine. Auch hier müssen Sie sich als Arzt an die gesetzlichen Vorgaben halten, damit Ihre Buchhaltung beispielsweise einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt standhalten kann. Laut Einschätzung der Partner des Bundesmantelvertrages-Ärzte sind Abrechnungsunterlagen von ärztlichen Unterlagen separat zu betrachten. Demnach gelten hierfür eigene Aufbewahrungsfristen, die zum Teil deutlich unter den 10-jährigen Aufbewahrungsfrist für Patientenunterlagen liegen.
Laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) soll die Menge personenbezogener Daten grundsätzlich minimiert werden (Grundsatz der Datenminimierung). Daher ist es ebenso wenig ratsam, dass Sie die Unterlagen Ihrer Patienten über die Aufbewahrungsfristen hinaus endlos lange aufbewahren. Stattdessen sollten Sie Ihr Dokumentenarchiv in regelmäßigen Abständen (z.B. einmal jährlich) durchgehen und veraltete Patientenunterlagen aussortieren, die nicht mehr erforderlich sind, um Aufbewahrungsfristen einzuhalten, Patienten mit chronischer Erkrankung weiterhin sinnvoll zu behandeln und/oder um für potenzielle Schadensersatz-/Schmerzensgeldklagen gewappnet zu sein.
Nach Ablauf der jeweils zutreffenden Aufbewahrungsfrist, müssen die Patientenunterlagen sowie auch alle Dokumente aus Buchhaltung und Personalwesen entsprechend vernichtet werden. Während digitale Daten unumkehrbar gelöscht werden müssen, sind Patientenunterlagen in Papierform entsprechend zu schreddern. Die Unterlagen gelten dann als datenschutzgerecht vernichtet, wenn sie nicht mehr lesbar sind und nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand repliziert werden könnten. Das gilt für sämtliche personenbezogene Unterlagen, die in Ihrer Arztpraxis anfallen – sowohl für Untersuchungsergebnisse und Befunde als auch für Terminkalender oder Notizen auf Haftzettelchen.
Um dieser datenschutzrechtlich vorgeschriebenen Vernichtung der Patientenunterlagen gerecht zu werden, ist darauf zu achten, dass der Aktenvernichter die nötige Sicherheitsstufe gemäß der Norm DIN 66399 erfüllt. Da Patientenakten aufgrund ihrer schutzwürdigen, personenbezogenen Daten zur Schutzklasse 3 gehören, muss der verwendete Aktenvernichter mindestens die Anforderung gemäß Sicherheitsstufe 4 erfüllen. Wirtschaftliche Unterlagen, darunter z.B. Rechnungen, zählen hingegen zum großen Teil zur Schutzklasse 2 und unterliegen verhältnismäßig weniger strenger Vorgaben.
Achtung:
Werden Daten länger als 30 Jahre aufbewahrt, müssen sie anonymisiert werden.
Um im Zweifelsfall mehr Gewissheit zu erhalten, dass sämtliche Unterlagen in Papierform rechtskonform vernichtet und alle Dokumente auf digitalen Datenträgern unumkehrbar gelöscht sind, gibt es die Möglichkeit, mit professionellen Dienstleistern zusammenzuarbeiten, die auf die datenschutzkonforme Vernichtung von Patientenunterlagen und buchhaltungsrelevanten Dokumenten spezialisiert sind.
Seien Sie auf der rechtssicheren Seite
Da die Aufbewahrungsfristen im Falle von Gesetzesänderungen oder in speziellen (Versicherungs-)Fällen von den oben genannten abweichen können, erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem spezialisierten Anwalt oder Steuerberater professionell unterstützen, bevor Sie Unterlagen vernichten, die ggf. noch einer Aufbewahrungsfrist unterliegen oder als Beweise für potenzielle Schmerzensgeld- oder Schadensersatzklagen zurückgehalten werden sollten.