Die Telemedizin bezeichnet laut Bundesärztekammer die „medizinische Leistungen der Gesundheitsversorgung in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Rehabilitation“, die über „räumliche Entfernungen (oder zeitlichen Versatz) hinweg erbracht werden“. Das Präfix „tele“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „fern“ oder „weit“. Die. Telemedizin ist daher auch als „Fernbehandlung“ bekannt.
Die räumliche Entfernung während der medizinischen Leistungen wird mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ermöglicht. Zu diesen Technologien können beispielsweise Videodienstanbieter, spezielle Telekonsil-Plattformen oder Apps für Smartphones zählen. Der Begriff der Telemedizin bezieht sich sowohl auf den Arzt-Patienten-Kontakt als auch auf die Kommunikation zwischen Ärzten und/oder anderen Teilnehmern des Gesundheitswesens, wie z. B. Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Apotheken, Logopäden, Ergotherapeuten, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.
Laut Bundesärztekammer können in der Telemedizin die folgenden vier Anwendungsbereiche unterschieden werden:
- Telediagnostik
- Telemonitoring
- Telekonsil
- Videosprechstunde/Teletherapie
Ein Arzt oder ein medizinischer Fachangestellter vor Ort übernehmen die Indikationsstellung im direkten Patientenkontakt und geben die gewonnenen Informationen anschließend an einen örtlich entfernten Arzt weiter. Dieser übernimmt die Befundung sowie die Diagnostik. Ein typisches Beispiel für die Telediagnostik stellen Hausbesuche dar, die durch medizinische Fachangestellte (MFA) durchgeführt werden.
Das Telemonitoring bezeichnet die Überwachung von Vitalparametern aus der Ferne. Einige Medizingeräte übernehmen diese Übermittlung in regelmäßigen Abständen bereits eigenständig, ohne dass eine manuelle Messung der Werte erforderlich ist. Dies trifft beispielsweise auf implantierbare Defibrillatoren zu, welche automatisch die Herzaktivität erfassen und die gemessenen Werte an die jeweilige Arztpraxis übermitteln. Werden bestimmte zuvor festgelegte Grenzwerte überschritten, erhält Ihre Arztpraxis eine Meldung und kann sich entsprechend frühzeitig um den Patienten kümmern und entsprechende Therapieanpassungen vornehmen.
Alternativ zu implantierten, automatisch übermittelnden Telemonitoring-Geräten können Sie Ihrem Patienten – in Abhängigkeit seines Krankheitsbildes – ein Telemonitoring-Set aushändigen, mit dem er seine Vitalparameter zuhause messen und per entsprechender Kommunikationstechnologie manuell an Sie übermitteln kann. Diese Form des Telemonitorings eignet sich beispielsweise, um den Blutzucker, den Blutdruck sowie gegebenenfalls weitere Parameter von Diabetes-Patienten zu überwachen.
Beim Telekonsil handelt es sich um den (video-)telefonischen Austausch zwischen (mindestens zwei) Ärzten oder anderen Teilnehmern des Gesundheitswesens (z. B. Psychotherapeuten oder Rettungssanitäter). Hierzu können sich sowohl Ärzte derselben Fachrichtung zusammenschalten, wenn eine Zweitmeinung benötigt wird, als auch Ärzte verschiedener Facharztrichtungen, wenn die Befunde eine Untersuchungsfrage aufwerfen, die außerhalb des Fachgebiets des ursprünglich behandelnden Arztes liegt.
Ein typisches Beispiel für Anwendungsfälle des Telekonsils ist die Befundbesprechung von Röntgen- oder Computertomographie-Aufnahmen (weitere Informationen zu den „Anforderungen an die technischen Verfahren zur telemedizinischen Erbringung der konsiliarischen Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen in der vertragsärztlichen Versorgung“ finden Sie in Anlage 31a des Bundesmantelvertrags-Ärzte). Ein Beispiel für Telekonsile zwischen verschiedenen Teilnehmern des Gesundheitswesens ist der Einsatz im Rettungs-/Notdienst. So haben beispielsweise Rettungssanitäter im Notdienst per Telekonsil die Möglichkeit, sich kurzfristig die Einschätzung eines Notarztes einzuholen.
Hinweis:
Telekonsile dürfen seit Oktober 2020 zu einem großen Teil gemäß dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) gegenüber gesetzlich krankenversicherten Patienten abgerechnet werden.
Eine Videosprechstunde bzw. die Teletherapie ermöglicht es Ärzten, Psychotherapeuten sowie anderen Heilberufen, ihre Leistung ortsunabhängig per Videotelefonie anzubieten. Während Telekonsile zum Austausch zwischen Ärzten (oder anderen Heilberufen) stattfinden, handelt es sich bei der Videosprechstunde um den Austausch zwischen Arzt und Patient.
Die Teletherapie per Videosprechstunde eignet sich vor allem dann, wenn die Behandlung überwiegend Gespräche umfasst, wie beispielsweise im Falle einer psychotherapeutischen Sprechstunde, einer Impf- oder Ernährungsberatung, in der Logopädie sowie zur Befundbesprechung. In ausgewählten Fällen kann die Videosprechstunde jedoch auch über reine Gespräche hinaus eingesetzt werden. So eignet sie sich beispielsweise auch, um Hautirritationen zu besprechen.
Eine Sonderform der Videosprechstunde stellt die Telekonferenz dar. Von einer Telekonferenz spricht man, wenn zu einer teletherapeutischen Sitzung ein weiterer Teilnehmer des Gesundheitswesens hinzugezogen wird, z. B. ein weiterer Arzt, ein Apotheker oder ein Therapeut.
Hinweis:
In vielen Fällen darf die Videosprechstunde seit 2017 gemäß Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) auch gegenüber GKV-Patienten abgerechnet werden. Dies gilt seit April 2022 auch für den Notdienst per Videosprechstunde.
Telemedizin in der Praxis:
Häufig treten diese verschiedenen telemedizinischen Anwendungen in der Praxis in Kombination auf. So können beispielsweise mithilfe des Telemonitorings Vitaldaten des Patienten erfasst und übermittelt werden. Im Falle von Auffälligkeiten wird eine Videosprechstunde vereinbart. Müssen anschließend weitere Untersuchungen angestellt werden, kann dies mithilfe der Telediagnostik geschehen. Um eine Zweitmeinung zu erhalten, können die Befunde daraufhin per Telekonsil mit einem weiteren Arzt besprochen werden.
Neben den zahlreichen genannten Vorteilen, die die Telediagnostik, das Telemonitoring, das Telekonsil sowie die Videosprechstunde mit sich bringen, geht die Telemedizin auch mit einigen Herausforderungen einher. Mit der richtigen Vorbereitung und ggf. professioneller Unterstützung lassen sich diese jedoch erfolgreich überwinden, sodass Sie die Vorteile der Telemedizin vollständig ausschöpfen können.
- Datenschutz & Informationstechniksicherheit: Da es sich bei den zu verarbeitenden Daten um sensible, gesundheitsbezogene Patientendaten handelt, ist eine sichere Übertragung dieser unverhandelbar. Hierzu müssen sämtliche datenschutzrechtliche Anforderungen zuverlässig eingehalten werden.
- Vollständige Datenübertragung: Nicht nur eine sichere, sondern auch eine vollständige Übertragung der Daten ist für eine einwandfreie medizinische Behandlung erforderlich. Es ist wichtig, dass keine Daten verloren gehen. Die vollständige Übertragung muss auch über verschiedene Betriebssysteme und/oder App-Versionen hinweg gewährleistet sein.
- Einwandfreie Bild- und Tonqualität: Eine einwandfreie Bild- und Tonübertragung muss mithilfe des entsprechenden Equipments und einer stabilen Internetverbindung sichergestellt werden, um eine gleichbleibende Behandlungsqualität zu ermöglichen. So muss der jeweilige Gesprächspartner klar und deutlich hörbar sein. Sofern es sich um einen Videoanruf handelt, in dem auch visuelle Informationen geteilt werden, muss ebenso eine einwandfreie Bildqualität gewährleistet werden.
- Technikaffinität erforderlich: Um einen störungsfreien Einsatz der jeweiligen Hard- und Software sicherzustellen, ist eine gewisse Technikaffinität erforderlich. Dies kann mitunter bei älteren Patienten herausfordernd werden.
- Risiko von Anwendungsfehlern: Vor allem im Rahmen des Telemonitorings besteht ein erhöhtes Risiko von Anwendungsfehlern. Vor allem dann, wenn Patienten ihre Vitalparameter manuell erfassen (im Gegensatz zur automatischen Erfassung und Übertragung), können Anwendungsfehler dazu führen, dass falsche Werte zu verzerrten Diagnosen oder Therapieanpassungen führen.
Neben den Herausforderungen der Telemedizin bestehen auch eindeutige Grenzen: So gibt es weiterhin zahlreiche Krankheitsbilder, für deren Diagnose und Behandlung ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich ist.
Während mit dem Begriff Telemedizin explizit die zuvor genannten Formen der Fernbehandlung gemeint sind, handelt es sich bei dem Begriff E-Health um sämtliche digitale Lösungen im Gesundheitswesen. E-Health (oder auch eHealth) steht hierbei für Electronic Health, also elektronische Gesundheit. Die Telemedizin ist somit ein E-Health-Teilbereich. Weitere digitale Lösungen im Sinne der E-Health sind neben der Telemedizin beispielsweise die elektronische Patientenakte (ePA), die elektronische Gesundheitskarte (eGK) sowie das E-Rezept.
Um den Einsatz dieser digitalen Lösungen zu stärken und die Prozesse im deutschen Gesundheitswesen damit immer effizienter zu gestalten, wurde im Jahr 2015 das sogenannte E-Health-Gesetz eingeführt und seitdem mehrfach überarbeitet. Ziel dieser Rechtsgrundlage ist es, den digitalen Datenaustausch im Gesundheitswesen sicher zu gestalten und den Ausbau der digitalen Lösungen voranzutreiben.
Als Basis für sämtliche E-Health-Anwendungen sowie für die Telemedizin ist die sogenannte Telematikinfrastruktur (TI). Bei der Telematikinfrastruktur handelt es sich um eine Plattform für Gesundheitsanwendungen, mithilfe derer sämtliche Akteure des deutschen Gesundheitswesens miteinander vernetzt werden, darunter nicht nur Ärzte, sondern auch Zahnärzte, Krankenhäuser, Psychotherapeuten, Apotheken sowie Krankenkassen.
Die Telematikinfrastruktur bietet somit unter anderem die Grundlage für das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM), die elektronische Patientenakte (ePA), die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), den elektronischen Medikamentenplan (eMP), den elektronischen Arztbrief (eArztbrief), das Notfalldaten-Management (NFDM) sowie das elektronische Rezept (E-Rezept).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich dank der Telemedizin sowohl der Arzt-Patienten-Kontakt als auch Konsile zwischen Ärzten bzw. Ärzten und anderen Heilberufen zeiteffizienter gestalten lassen. Durch die Telemedizin können sich unkompliziert auch Ärzte sowie Patienten aus weit voneinander entfernten Regionen in Deutschland zusammenschalten und auf diese Weise die Gesundheitsversorgung flächendeckend verbessern. Die Herausforderungen hierbei bestehen vor allem im Datenschutz sowie der einwandfreien Übertragung von Bild und Ton während Videotelefonaten, um sicherzustellen, dass keine wichtigen Informationen verloren gehen.
Ein weiteres Risiko besteht in potenziellen Anwendungsfehlern. Um diese Herausforderungen der Telemedizin erfolgreich zu überwinden, kann es empfehlenswert sein, einen Experten für die Digitalisierung in Arztpraxen zur Einrichtung der Telemedizin-Anwendungen zu beauftragen. Trotz der zahlreichen Möglichkeiten und Vorteile der Telemedizin bleibt zu betonen, dass ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt bei einigen Krankheitsbildern weiterhin unersetzlich bleibt.