Qualitätsmanagement (QM) und Zertifizierungen in der Arztpraxis

Arzt
Praxisalltag

Seit der gesetzlichen Einführung einer QM-Richtlinie im Jahr 2005 sind vertragsärztliche Praxen dazu verpflichtet, ein internes Qualitätsmanagement (QM) einzuführen. Damit soll den Patienten eine bestmögliche Behandlungsqualität gewährleistet werden. Drei Jahre bleiben einer neu eröffneten Praxis nach Zulassung Zeit, um ein QM-System zu implementieren. Anschließend besteht die Möglichkeit, sich diese Qualitätssicherung zertifizieren zu lassen. Ob das wirklich so sinnvoll ist, erfahren Sie hier. Außerdem klären wir Sie auf, wie Sie Ihr QM-System richtig implementieren und welche Vor- und Nachteile die Zertifizierungen für Ihr Praxismarketing haben.

Was besagt die QM-Richtlinie?

Keine Zeit zum Lesen? Hier gehts direkt zur Übersicht.

Die Qualitätsmanagement-Richtlinie stellt Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren, Vertragszahnärzte und zugelassene Krankenhäuser. In § 135a des SGB V ist festgehalten, dass die aufgeführten Instanzen dazu verpflichtet sind, ein internes Qualitätsmanagement einzuführen.

Download: Qualitätsmanagement-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeutinnen und Vertragspsychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren, Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte sowie zugelassene Krankenhäuser)

Dabei muss sich an bestimmte Rahmenbedingungen gehalten werden, welche in der QM-Richtlinie aufgeführt sind. Unter anderem sind folgende Schritte durchzuführen:

  • Messen und Bewerten von Qualitätszielen
  • Erhebung des Ist-Zustandes
  • Selbstbewertung
  • Mitarbeiter- und Patientenbefragungen
  • Beschwerde-, Risiko- und Fehlermanagement
  • Fehlermeldesysteme
  • Entwicklung von Checklisten.

Im Rahmen der QM-Einführung hat die Praxis außerdem Regelungen zur Arzneimitteltherapiesicherheit und Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen bzw. Sturzfolgen festzulegen. Darüber hinaus existieren weitere Methoden und Instrumente, die eine Praxis innerhalb von drei Jahren nach Zulassung oder Ermächtigung umzusetzen hat. Eine Übersicht dieser zusätzlichen Instrumente finden Sie zum Beispiel hier.

Nach Einführung des QM ist dieses einmal jährlich intern zu überprüfen und von der eigenen Praxis zu bewerten, so dass es kontinuierlich weiterentwickelt werden kann.

Wofür ist Qualitätsmanagement gut?

Durch ein erfolgreiches Qualitätsmanagement lässt sich die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit einer Praxis deutlich steigern. Für die Praxisinhaber bringt es somit zunächst einmal Vorteile mit sich. Im Vordergrund steht jedoch nicht das Einsparen der Kosten, sondern eine bestmögliche Behandlungsqualität für Patienten zu gewährleisten. Vorhandene Ressourcen sollen optimal genutzt werden, überflüssige Tätigkeiten in der Praxis identifiziert und vermieden werden. Die Verschlankung von Arbeitsprozessen ist ein wesentlicher Bestandteil im QM-Prozess. Ferner wird mittels QM die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht, da diese sich idealerweise aktiv einbringen können.

Vorteile des Qualitätsmanagements in Arztpraxen

  • optimierte Behandlungsmöglichkeit für Patienten
  • Einsparen von Kosten
  • Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit
  • Verschlankung von Arbeitsprozessen
  • erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit
Jetzt kostenlos Abrechnungsstellen vergleichen

Probieren Sie den Vergleichsrechner jetzt unverbindlich aus und lassen sich passende Tarife anzeigen.

Lupe

Wie führt man ein QM-System ein?

Zunächst ist zu erwähnen, dass privatärztliche Praxen keiner gesetzlichen Pflicht zur Einführung eines Qualitätsmanagements unterworfen sind. Aufgrund der aufgeführten Vorteile wird eine Einführung jedoch in jedem Fall empfohlen. Die Arztpraxen, die vor einer QM-Einführung stehen, sollten einen Verantwortlichen, also einen QM-Beauftragten, festlegen, der als interner Dienstleister den Überblick über die Qualitätspolitik in der Praxis behält. Er sorgt dafür, dass die QM-Richtlinie eingehalten wird, neue Prozesse aufgesetzt werden und bisherige Abläufe effizienter gestaltet werden.

Es empfiehlt sich, den Verantwortlichen an einer entsprechenden Fortbildung zum Qualitätsmanagementbeauftragten teilnehmen zu lassen, damit sich dieser das notwendige Wissen für die umfassenden Verwaltungsaufgaben aneignen und in Ihrer Praxis umsetzen kann.

QM-Implementierung ohne die Hilfe externer Anbieter

Grundsätzlich ist es auch ohne Seminare oder QM-Begleitung durch externe Dienstleister möglich, ein QM in Ihrer Praxis einzuführen. Das erfordert jedoch von dem Praxisinhaber ausreichend Zeit und Selbstdisziplin, denn so hat er sich die erforderlichen QM-Inhalte und Richtlinien selbst zu erarbeiten. Zwar schreibt die QM-Richtlinie kein bestimmtes QM-System vor, das in der Praxis umzusetzen ist. Allerdings werden Grundelemente vorgegeben, die ein einrichtungsinternes QM aufweisen muss.

Auch genaue Instrumente, die in einer Praxis etabliert werden müssen, sind festgelegt. So sollte zum Beispiel ein QM-Handbuch vorhanden sein, welches wesentliche Aspekte zur Sicherung und Verbesserung der Qualität in Ihrer Arztpraxis festhält. Dieses muss von jeder Arztpraxis individuell erarbeitet werden. Auch die nötigen Dokumentationen bedeuten einen großen Aufwand für den Praxisinhaber. Sofern Sie sich gegen die Hilfe von Dritten bei der QM-Einführung entscheiden, haben Sie keinen Zugriff auf Musterdokumente wie beispielsweise Checklisten und Ablaufbeschreibungen, die Ihnen Orientierung bei der Implementierung geben.

QM-Implementierung mit der Hilfe externer Anbieter

Viele Praxen greifen aufgrund der langen Erarbeitungsphase und den umfangreichen Bürokratieaufgaben auf die Unterstützung externer Anbieter zurück oder nutzen das Angebot von Schulungen und Fortbildungen, die zum Beispiel von den Ärztekammern durchgeführt werden. Externe Anbieter arbeiten mit verschiedenen QM-Systemen bzw. -Verfahren. Sie verfolgen unterschiedliche Ansätze und verwenden unterschiedliche Instrumente, um die Arztpraxis bei der Einführung eines Qualitätsmanagements zu unterstützen.

Der Vorteil externer Anbieter ist, dass das QM genau auf Ihre Praxis ausgerichtet wird. Außerdem können Sie sicher sein, dass alle Anforderungen erfüllt sein werden, die in der QM-Richtlinie vorgeschrieben sind. Oft erhalten die Praxen auch Dokumente, anhand derer sie zum Beispiel ein eigenes Praxishandbuch erstellen können. Oder ihnen wird die Teilnahme an Seminaren angeboten. Solange das jeweilige Verfahren alle Anforderungen der QM-Richtlinie erfüllt, ist es zulässig. Der Gesetzgeber schreibt nicht vor, welches System in welcher Praxis anzuwenden ist, so dass es den Einrichtungen selbst überlassen ist, welches Verfahren sie wählen.

Eigenständiges Qualitätsmanagement vs. Externe Dienstleister

Ohne externen Anbieter Mit externem Anbieter
  • die erforderlichen QM-Inhalte und Richtlinien sind selbst zu erarbeiten
  • Zeit und Selbstdisziplin ist gefordert
  • kein Zugriff auf Musterdokumente
  • Schulungen, Fortbildungen oder Seminare fördern Expertenwissen im QM
  • QM wird auf Praxis ausgerichtet
  • Anforderungen an QM-Richtlinie werden automatisch erfüllt
  • Zugriff auf Musterdokumente

Welches QM-Verfahren sollte die Praxis wählen?

Es gibt branchenspezifische und branchenübergreifende Systeme – beide können in einer Arztpraxis Anwendung finden. Branchenübergreifende Konzepte wie zum Beispiel die DIN EN ISO 9001 Norm sind allgemeingültig formuliert und somit auf jede Branche anzuwenden. Die branchenspezifischen Verfahren hingegen sind sehr praxisnah und stellen einen besonderen Bezug zum Alltag her.

Beispiele hierfür sind KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen), welches Anforderungen an Einrichtungen des Gesundheitswesens stellt, oder EPA (Europäisches Praxisassessment), das speziell auf Arztpraxen ausgerichtet ist. Ein weiteres QM-Verfahren für die ambulante Gesundheitsversorgung ist QEP (Qualität und Entwicklung in Praxen). HÄQM (Hausärztliches Qualitätsmanagement) hat sich auf die Unterstützung von Hausarztpraxen fokussiert, indem es ihnen die Handhabung des Qualitätsmanagementsystems vermittelt. Weitere Verfahren im Überblick.

Technisch ausgerichteten Praxen wird empfohlen, ein Verfahren zu wählen, das sich auf die branchenübergreifende ISO Norm konzentriert. Grundsätzlich ist aber unerheblich, welches Verfahren gewählt wird, sofern daraus ein effektives Qualitätsmanagement resultiert.

Wird die QM-Einführung überprüft?

Seit dem Jahr 2011 überprüfen QM-Kommissionen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) bundesweit stichprobenartig das QM in Arztpraxen. Dabei kontrollieren sie den Einführungs- und Entwicklungsstand des Qualitätsmanagements sowie die Einhaltung der QM-Richtlinie. Der sogenannte Gemeinsame Bundesausschuss sieht vor, jährlich 2,5 % der Praxen zu prüfen. Diese werden von den KV zufällig ausgewählt, so dass Sie sich als Arzt nicht auf eine Überprüfung vorbereiten können. Für Praxen besteht damit jedes Jahr eine Chance von 1:40, dass ihr QM auf den Prüfstand gestellt wird. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ist also durchaus lohnenswert.

Sie möchten die Privatabrechnung auslagern?

Vergleichen Sie jetzt kostenfrei und unverbindlich dutzende Abrechnungsstellen in unserem Vergleichsrechner.

Ärztin

Kann man sich das Qualitätsmanagement als Praxis zertifizieren lassen?

Haben Sie in Ihrer Arztpraxis Ihr QM-System erfolgreich eingeführt, können Sie sich die erworbene Qualitätssicherung zertifizieren lassen. Damit können Sie als Praxisinhaber sowohl nach außen hin die Qualität Ihrer Praxis nachweisen, als auch Ihren Mitarbeitern den Erfolg Ihrer Bemühungen belegen. Das kann zum einen ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Praxen sein und zum anderen die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Patienten steigern. Zwar ist eine Zertifizierung vom Gesetzgeber nicht verpflichtend vorgegeben, dennoch nutzen viele Praxen die Möglichkeit, um sich ihre QM-Implementierung bestätigen zu lassen. 2015 stand eine Zertifizierungspflicht bereits zur Debatte, diese wurde allerdings bisher nicht umgesetzt, so dass sie nach wie vor freiwillig ist.

Ziel einer Zertifizierung ist es, die Übereinstimmung von IST-Zustand und dem vom Gesetzgeber verlangten SOLL-Zustand zu veranschaulichen. Durch die Beurteilung unabhängiger Dritter (auch Visitor genannt) wird entschieden, ob die Praxis die vorgegebenen Normen und Standards mit ihrem QM erfüllt. Es existieren verschiedene Zertifizierungen – je nach gewähltem QM-System wird die Bewertung anders und unter anderem Namen vorgenommen. Hat sich eine Arztpraxis zum Beispiel für das QEP-Verfahren entschieden, wird überprüft, ob sie die darin enthaltenen Anforderungen an ein Qualitätsmanagement erfüllt. Der Visitor stellt eine Analyse an, ob alle dokumentierten Verfahren auch tatsächlich angewandt wurden. Nach positivem Ergebnis einer Visitation erhält die Praxis ein zeitlich limitiertes Zertifikat gemäß dem jeweiligen QM-System, in diesem Fall das QEP-Zertifikat.

Welche Zertifikate für Arztpraxen gibt es?

Für die Qualitätssicherung gibt es eine Reihe verschiedener Zertifikate und Auszeichnungen. Die einen von ihnen sind international anerkannt, andere sind nur in Deutschland zu erhalten. Darunter befinden sich einige Zertifikate, die speziell für den Gesundheitsbereich ausgelegt sind, während die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 beispielsweise unabhängig von der Medizinbranche auch allen anderen Branchen zur Verfügung steht. Die ISO-Norm hat den Vorteil, dass sie weltweit bekannt ist und unter den Zertifizierungen im Qualitätsmanagement die größte Akzeptanz und das wohl größte Ansehen besitzt. In der nachfolgenden Tabelle sehen Sie, welche Zertifikate für Sie als Arztpraxis außerdem in Frage kommen.

Name Beschreibung Zielgruppe Zertifikat Anforderungen
QEP
Qualität und Entwicklung in Praxen
QM-Verfahren der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vertragsärztliche und vertragspsycho-therapeutische Praxen und MVZ durch von der KBV akkreditierte Zertifizierungsstellen, 3 Jahre gültig Erfüllung der QEP-Kernziele
KTQ
Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen
QM-Verfahren zur Optimierung von Prozessen innerhalb der Patientenversorgung, vordergründig im Krankenhausbereich Krankenhäuser, Praxen, MVZ, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeeinrichtungen, Hospize, alternative Wohnformen und Rettungsdienste durch von KTQ akkreditierte Zertifizierungsstellen, 3 Jahre gültig Erreichen von 55% der KTQ Gesamtpunktezahl
DIN EN ISO 9001 weltweit anerkannter Standard, der unter den QM-Verfahren die größte Akzeptanz aufweist alle Branchen in Industrie und Dienstleistung weltweit durch DAkkS akkreditierte Zertifizierungsstellen, 3 Jahre gültig, jährliche Überwachungsaudits Übereinstimmungen mit den Normanforderungen
EPA
Europäisches Praxisassessment
berücksichtigt die Arbeitsweise von niedergelassenen Ärzten und versteht Praxis als „lernendes System“ Hausarztpraxen, Praxen anderer Fachgruppen, Zahnarztpraxen, MVZ durch Verein „Stiftung Praxissiegel e.V.“, 3 Jahre gültig Mindestpunktzahl erreichen und vereinbarte Mindestkriterien einhalten
EQUAM
Externe Qualitätssicherung in der Medizin
QM-Verfahren zur Förderung der Qualität und Patientensicherheit in der ambulanten Medizin Praxen aller Fachgruppen durch die unabhängige, vom Bund akkreditierte EQUAM-Stiftung, 2 Jahre gültig Erfüllung der EQUAM Standards
KPQM
KV Praxis Qualitätsmanagement
QM-Verfahren der Kassenärztlichen Vereinigung im deutschen Westfalen-Lippe (KVWL) Praxen aller Fachgruppen, inklusive psychotherapeutischer Praxen durch akkreditierte Ärzte und der von der KVWL/KVNo akkreditierten Zertifizierungsstelle,
3 Jahre gültig
Qualitätsbericht und ein „lernendes Audit“
EFQM
European Foundation for Quality Management
Modell soll „Business Excellence“ fördern (Streben nach herausragenden Leistungen im QM) alle Unternehmenssektoren durch EFQM-Validatoren, 2 Jahre gültig Selbstbewertung und Durchführung von Verbesserungsprojekten
HÄQM
Hausärztliches Qualitätsmanagement
QM-Verfahren des Bayerischen Hausärzteverbandes e.V, basiert auf dem EFQM-Modell Hausärzte durch die LGA InterCert GmbH und ausgebildete Hausärzte,
3 Jahre gültig
Erfüllung der Zertifizierungskriterien des HÄQS
MAAS-BGB
Managementanforderungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zum Arbeitsschutz
Ergänzung zur DIN EN ISO 9001 durch Einbindung des Arbeitsschutzes in ein QM-System alle Betriebe mit einem implementierten QM-System nach DIN EN ISO 9001:2015 durch unabhängige, akkreditierte Zertifizierungsstellen bereits zertifiziertes QM-System nach DIN EN ISO 9001 ist erforderlich, Erfüllung konkreter Festlegungen zum Arbeitsschutz
physioQM QM-Verfahren des Deutschen Verbands für Physiotherapie: physio-deutschland physiotherapeutische und krankengymnastische Einrichtungen und Praxen durch LGA InterCert/TÜV Rheinland Erfüllung der physioQM Qualitätsrichtlinien

Darüber hinaus gibt es private Anbieter von Auszeichnungen, Zertifizierungen und Awards unterschiedlicher Art. Diese konzentrieren sich nicht zwangsweise auf das Qualitätsmanagement einer Praxis, sondern zeichnen Einrichtungen im Gesundheitswesen für unterschiedliche Kriterien aus. Die „Beste Praxis“-Auszeichnung belohnt beispielsweise Praxen, die mit einer besonderen Patientenorientierung, Praxismodernität oder Mitarbeiterzufriedenheit überzeugen. Der „PlusAward“ würdigt Praxen für ihren herausragenden Patientenservice und “Dr. Flex – Praxis des Monats“ verleiht ein Gütesiegel für exzellente Patientenkommunikation.

Achtung: Sofern eine Zertifizierung durch eine nicht-akkreditierte Stelle erfolgt, ist die Bedeutung und Seriosität eines Zertifikats nicht eindeutig, da nicht klar ist, wie und in welcher Tiefe die jeweiligen Normanforderungen geprüft wurden.

Ist es wirklich sinnvoll, Zertifizierungen anzustreben?

Das Erlangen von Zertifizierungen kann durchaus zum Vorteil einer Praxis sein – solange es sich im Rahmen hält und nicht ausschließlich der Ehrgeiz im Vordergrund steht, möglichst viele Auszeichnungen zu erhalten. Denn die Erlangung eines Zertifikats ist mit viel Aufwand verbunden und sollte nur angestrebt werden, wenn es der Praxis tatsächlich um eine Verbesserung der internen Abläufe geht.

Die Pflicht, ein Qualitätsmanagement einzuführen, mag sich zunächst nach unnötiger und zusätzlicher Bürokratie anhören, soll aber wesentlich zu einem strukturierten Praxisablauf beitragen. Darüber hinaus muss klar sein, dass ein Zertifikat Arbeit und eine aufwändige Vorbereitung erfordern. Sie sollten sich also nur um ein Zertifikat bemühen, wenn dieses mit einer tatsächlichen Qualitätsverbesserung und Weiterentwicklung der Praxis einhergeht. Wenn Sie den Prozess bis zur Erlangung des Zertifikats lediglich als lästige Bürokratiearbeit angesehen, sollten Sie lieber darauf verzichten. Schließlich ist das Ziel des QM nicht, den Praxen einen wirkungslos hohen Dokumentationsaufwand aufzuzwingen, sondern die Effizienz im Sinne der Praxis zu steigern.

Zertifizierungen haben Vor- und Nachteile für Ihre Praxis

Sind Sie sich als Praxis nun sicher, dass sich das Anstreben einer Zertifizierung lohnt, müssen die Mitarbeiter sich damit abfinden, dass nun fremde Dritte (Auditoren) erst einmal Unruhe in den Praxisalltag bringen. Denn sie haben die Praxis zu durchforsten, Schwachstellen zu identifizieren und dafür zum Beispiel die Mitarbeiter zu interviewen. Das kann gemeinsam mit den ungewöhnlich hohen Mehraufwänden für Dokumentation erst einmal die Nerven der Angestellten auf die Probe stellen und für Demotivation sorgen.

Andererseits kann eine Prüfung der eigenen Praxis durch unabhängige Sachverständige helfen, die Qualität objektiv bewerten zu lassen, wodurch Fehlerquellen gefunden werden. Und genauso lassen sich positive Aspekte herausarbeiten und die geleistete Arbeit erlangt Anerkennung. Daneben kann die Gewissheit, dass die Praxis regelmäßig auf dem Prüfstand steht, für eine kontinuierliche Pflege und Weiterentwicklung sorgen – zum Wohle Ihrer Praxis.

Qualitätsmanagement (QM) und Zertifizierungen in der Arztpraxis
Arzt

Ein eindeutiger Nachteil einer Zertifizierung ist der Kostenfaktor. Mehrere tausende Euro kann eine Zertifizierung die Praxis kosten. Die Summe setzt sich zusammen aus den Kosten der Zertifizierung selbst – die je nach Zertifizierungsstelle unterschiedlich hoch ausfallen – und den Vorlaufkosten sowie Kosten für Mitarbeiterschulungen, zukünftigen Mehraufwänden für Dokumentation und Prozesspflege. Für kleine Praxen sind diese Ausgaben nicht zu unterschätzen. Die regelmäßig notwendige Auffrischung eines bereits ausgestellten Zertifikats, also eine Neuzertifizierung, erzeugt deutlich geringere Kosten.

Den Hauptgrund für das Anstreben einer Zertifizierung stellen wohl die positiven Auswirkungen auf das Praxismarketing dar. Hängen Sie das erlangte Zertifikat im Wartezimmer aus, zeigt dies Ihren Patienten, dass sich Ihre Praxis erfolgreich für die Sicherung und Weiterentwicklung einer hochwertigen Patientenversorgung einsetzt. So steigt das Vertrauen der Patienten in die Leistungsfähigkeit der Praxis, welche sich damit von anderen Praxen abhebt und einen Wettbewerbsvorteil erzielt. Doch auch hier gilt wieder: das Entgegennehmen der Urkunde sollte nicht die einzige Motivation sein, sondern die dahinterstehende Leistung. Das Wartezimmer ausschließlich mit Zertifikaten zu schmücken, sollte also nicht das Ziel sein.

Vorteile Nachteile
  • Vertrauen der Patienten steigt
  • unabhängige Expertise durch Auditoren für konstruktive Kritik und Lob
  • Druckmotivation führt zu regelmäßiger Weiterentwicklung
  • Bestätigung für Mitarbeiter und die geleistete Arbeit
  • Werbeeffekt und Wettbewerbsvorteil
  • hohe Kosten
  • Mehraufwände für Dokumentation
  • mögliche Demotivation der Mitarbeiter durch viel Bürokratiearbeit
  • Auditoren bringen Unruhe in die Praxis
Jetzt passende Abrechnungsstelle finden

Verschaffen Sie sich jetzt einen unverbindlichen Überblick über unzählige Tarife für die externe Privatliquidation.

Freude

Wie läuft eine Zertifizierung ab?

Zunächst haben Sie mit den Vorbereitungen auf die Zertifizierung zu beginnen. Dazu gehört zum einen, dass die Praxis eine Zertifizierungsstelle auswählt. Vorsicht bei Zertifizierungen, die durch eine nicht-akkreditierte Stelle vergeben werden – hier ist die Seriosität infrage zu stellen. Um die Glaubhaftigkeit des Zertifikats gegenüber Kunden oder staatlichen Behörden sicherzustellen, sollten Sie sich für eine akkreditierte Zertifizierungsstelle entscheiden werden. Anschließend stellen Sie einen Antrag und schließen einen Vertrag ab.

Dann sind Sie angehalten, die Anforderungen an die Zertifizierung intern zu erfüllen. Dafür müssen Sie – je nach Zertifikatsanforderungen – zum Beispiel ein QM-Handbuch erstellen. Der QM-Beauftragte in der Praxis koordiniert den gesamten Prozess und hat Checklisten abzuarbeiten, zu dokumentieren und zu überprüfen, ob alles dem Standard entsprechend umgesetzt wurde.

1

Auswahl einer Zertifizierungsstelle

2

Vorbereitung und Erfüllung der Anforderungen

3

Voraudit

4

Zertifizierungsaudit

5

Zertifikatserteilung

6

Überwachungsaudits

Oft ist es möglich, ein Voraudit durchführen zu lassen, bei dem der Auditor vorab eine Beurteilung abgibt, inwiefern die Anforderungen der Norm in der Praxis bereits realisiert sind. Es folgt das offizielle Zertifizierungsaudit. Hier wird vom Auditor untersucht, ob die Dokumentationen und bestehenden Maßnahmen den Anforderungen und Richtlinien der Norm entsprechen. Die Prüfung kann Mitarbeiterbefragungen, eine Einsichtnahme relevanter Dokumente und Betriebsbegehungen beinhalten. Auch die Vorführung einer praktischen Anwendung und Wirksamkeit des Systems kann verlangt werden.

Ist das Zertifikatsverfahren erfolgreich abgeschlossen, wird die Praxis in einem Abschlussgespräch über das Ergebnis unterrichtet und erhält die Zertifizierungsurkunde. In einigen Zertifizierungsstellen ist es üblich, dass nach Zertifikatserteilung jährliche Überwachungsaudits durchgeführt werden. Damit wird geprüft, ob die Normkonformität aufrechterhalten geblieben ist.

Häufige Fragen zu Qualitätsmanagement und Zertifizierungen

Das Qualitätsmanagement (QM) soll die Qualität eines Produkts oder einer Dienstleistung verbessern. Es umfasst alle Maßnahmen, die mit einer Optimierung der Prozessqualität, der Arbeitsqualität und der Erfüllung bestimmter Anforderungen einhergehen.

Qualitätsmanagement geht mit einer Verschlankung von Arbeitsprozessen einher, was langfristig zu einer höheren Effizienz von Unternehmen führt. Ferner wird mit einem erfolgreichen Qualitätsmanagement die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht, wenn sich Mitarbeiter aktiv in die QM-Entwicklung einbringen können.

Durch ein erfolgreiches Qualitätsmanagement lässt sich die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit einer Praxis deutlich steigern. Im Vordergrund steht jedoch nicht der finanzielle Aspekt, sondern das Ziel, eine bestmögliche Behandlungsqualität für Patienten zu gewährleisten. Vorhandene Ressourcen werden optimal genutzt und überflüssige Tätigkeiten in der Praxis identifiziert und vermieden.

Seit der gesetzlichen Einführung der QM-Richtlinie im Jahr 2005 sind Arztpraxen dazu verpflichtet, ein internes Qualitätsmanagement einzuführen. Drei Jahre bleiben einer neu eröffneten Praxis nach Zulassung Zeit, um ein Qualitätsmanagement-System zu implementieren.

Um eine Zertifizierung für ein erfolgreich eingeführtes Qualitätsmanagement zu erhalten, müssen die Anforderungen an das jeweils gewählte QM-System erfüllt werden. Je nach Verfahren wird die Bewertung unterschiedlich und unter anderem Namen vorgenommen.

ISO ist eine Norm für Qualitätsmanagementsysteme, die besondere Anforderungen bei der Umsetzung eines Qualitätsmanagements in Betrieben stellt. Werden die ISO-Normen eingehalten, kann sich ein Unternehmen dies zertifizieren lassen.

Mit einer Zertifizierung lassen sich Arztpraxen die erfolgreiche Implementierung ihres Qualitätsmanagements bestätigen. Damit können Praxisinhaber sowohl nach außen die Qualität ihrer Praxis nachweisen, als auch ihren Mitarbeitern den Erfolg ihrer Bemühungen belegen. Das kann zum einen ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Praxen sein, zum anderen die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Patienten steigern.

Der Ablauf einer Zertifizierung gliedert sich in mehrere Schritte. Zunächst muss sich die Arztpraxis für eine Zertifizierungsstelle entscheiden und die darin vorgegebenen Anforderungen intern umsetzen. Nach der Vorbereitung kann wahlweise ein Voraudit stattfinden, bei dem der Auditor eine vorläufige Beurteilung abgibt. Es folgt das Zertifizierungsaudit und nach erfolgreicher Prüfung die Zertifikatserteilung.

Eine Zertifizierung des Qualitätsmanagements ist vom Gesetzgeber nicht verpflichtend vorgegeben. Dennoch nutzen viele Praxen die Möglichkeit, um sich ihre QM-Implementierung bestätigen zu lassen. 2015 stand eine Zertifizierungspflicht bereits zur Debatte, aber diese wurde bisher nicht umgesetzt, so dass sie nach wie vor freiwillig ist.

Wie gut hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Vorheriger Beitrag
Aushangpflichtige Gesetze in der Arztpraxis
Nächster Beitrag
9 Tipps für eine bessere Atmosphäre in der Arztpraxis
Jetzt kostenlos Abrechnungsstellen vergleichen

Probieren Sie den Vergleichsrechner jetzt unverbindlich aus und lassen sich passende Tarife anzeigen.

Lupe

Disclaimer: Die auf dieser Seite dargestellten Inhalte wurden mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Allerdings können wir keine Haftung für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen übernehmen. Unsere Inhalte dienen nicht als Rechtsberatung und können diese nicht ersetzen. Bei Fragen können Sie sich gerne an uns wenden: Kontakt aufnehmen

Ähnliche Beiträge