Beim Medizinischen Versorgungszentrum handelt es sich um eine kooperative Praxisform, bei der mindestens zwei Ärzte zusammenarbeiten. Dabei zeichnen sich Medizinische Versorgungszentren gegenüber anderen Praxisformen dadurch aus, dass die Inhaberschaft von der medizinischen Leistungserbringung personell getrennt ist.
Hinweis:
Im Gegensatz zu anderen Praxisformen, können Medizinische Versorgungszentren nicht nur von zugelassenen Ärzten, sondern auch von „zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen (…), von anerkannten Praxisnetzen (…), von gemeinnützigen Trägern (…) oder von Kommunen gegründet werden“ (§ 95 SGB V, Abs. 1a). Demnach sind die Inhaber eines MVZ nicht immer Ärzte.
Während bis 2015 ausschließlich fachübergreifende MVZ zulässig waren, ist es seit dem KV-Versorgungsstärkungsgesetz, welches am 23.07.2015 zum Großteil in Kraft getreten ist, außerdem möglich, fachgleiche Medizinische Versorgungszentren zu gründen. Seitdem ist es beispielsweise auch für Zahnärzte möglich, ein fachspezifisches MVZ zu eröffnen. Zudem ist im Rahmen eines Medizinischen Versorgungszentrums auch die Kooperation mit Psychotherapeuten oder anderen, nicht-ärztlichen Heilberufen (wie z. B. Apotheken, Laboren oder Pflegediensten) möglich.
Medizinische Versorgungszentren können in Form folgender Rechtsformen gegründet werden (§ 95 SGB V, Abs. 1a):
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Eingetragene Genossenschaft
- Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
- Anstalt öffentlichen Rechts (AÖR)
Die Wahl der passenden Rechtsform entscheidet über (steuer-)rechtliche und wirtschaftliche Fragen. So ist ein MVZ als GmbH beispielsweise gewerbesteuerpflichtig, während ein MVZ, das als Personengesellschaft (GbR) gegründet wurde, nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegt. Als GmbH unterläge ein MVZ zudem der Bilanzpflicht. Bei anderen Rechtsformen sowie auch bei anderen Praxisformen genügt hingegen teilweise eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung und erleichtert somit die Buchhaltung.
Wurde ein Medizinisches Versorgungszentrum bereits vor dem 01. Januar 2012 mit einer anderen als den genannten Rechtsformen gegründet, besteht ein sogenannter „Bestandsschutz“, d.h. das MVZ kann in seiner bisherigen Rechtsform fortbestehen (§ 95 SGB V, Abs. 1a).
Welche Rechtsform ist die richtige für ein MVZ? Eine detaillierte Ausführung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Rechtsformen finden Sie in unserem Ratgeber zu Rechtsformen einer Arztpraxis.
Für einen Arzt bringt die Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum einige Vorteile mit sich. Diese liegen in den typischen Vorteilen einer Anstellung gegenüber einer Selbstständigkeit: So tragen die angestellten Ärzte innerhalb eines MVZ ein geringes wirtschaftliches Risiko. Da die Inhaberschaft und die ärztliche Tätigkeit innerhalb eines MVZ voneinander getrennt sind, müssen sie sich außerdem nicht mit den betriebswirtschaftlichen Herausforderungen eines Unternehmens befassen. Durch diese Trennung zwischen Medizin und Inhaberschaft haben die behandelnden Ärzte mehr Zeit für ihre Patienten, da sie ihre Zeit nicht in betriebswirtschaftliche Themen investieren müssen. Zudem haben angestellte Ärztinnen gegenüber selbstständigen Ärztinnen den Vorteil, dass sie im Falle einer Schwangerschaft Mutterschutz erhalten. Zudem haben Ärztinnen und Ärzte nach der Geburt ihres Kindes die Möglichkeit, in Elternzeit zu gehen.
Ein weiterer Vorteil für in MVZ angestellte Ärzte besteht darin, dass die Arbeitszeitmodelle flexibel gestaltet werden können. So kann beispielsweise der Arbeitsaufwand einer Vollzeitstelle auf mehrere Teilzeitstellen verteilt werden, sodass die angestellten Ärzte ihre Work-Life-Balance verbessern können. Dies erleichtert es unter anderem auch Eltern, ihre Arbeitszeiten an ihre familiäre Tagesplanung anzupassen.
Für das Medizinische Versorgungszentrum resultiert diese Praxisform ferner in Synergieeffekten und Kostenersparnissen durch die gemeinsame Ressourcennutzung. Durch die Anstellung mehrerer Ärzte aus ggf. verschiedenen Fachrichtungen und mit unterschiedlichen Spezialisierungen wird es möglich, auf einen größeren Erfahrungsschatz zurückzugreifen und ein breiteres Leistungsportfolio anzubieten. Durch die räumliche Nähe der Ärzte kann sich zudem die Kooperation untereinander verbessern und Informationen können unkompliziert untereinander ausgetauscht werden.
Die Praxisform der Medizinischen Versorgungszentren ermöglicht zudem einen unkomplizierten Wechsel beim Ausscheiden eines Arztes. Bringt ein Vertragsarzt eine Zulassung in das Medizinische Versorgungszentrum ein, nimmt er diese bei seinem Ausscheiden nicht mit. Stattdessen verbleibt die Zulassung beim MVZ, sodass ein Nachfolger des ausscheidenden Arztes mit dieser Zulassung praktizieren kann.
Die Anstellung in einem MVZ vereinfacht den Berufseinstieg für junge Ärzte. Hier können sie zunächst im Angestelltenverhältnis starten und ohne eigenes wirtschaftliches Risiko Praxiserfahrung sammeln, bevor sie sich zu einem späteren Zeitpunkt ggf. mit einer eigenen Praxis selbstständig machen.
Für die Gründer eines MVZ liegt ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil darin, dass eine Expansion grundsätzlich möglich ist. Während in Einzelpraxen und Berufsausübungsgemeinschaften pro vollzugelassenem Vertragsarzt in der Regel nur drei, bei überwiegend medizinisch-technischen Leistungen maximal vier weitere Ärzte (in Vollzeit) angestellt werden dürfen, sind MVZ in der Anstellung weiterer Ärzte nicht limitiert.
Den Sicherheiten, die die Anstellung in einem MVZ bietet, stehen limitierte Freiheiten gegenüber. Während selbstständige Ärzte hinsichtlich ihrer eigenen Praxis die volle Entscheidungsfreiheit genießen, sind angestellte Ärzte an die Vorgaben des MVZ gebunden. So kann es abhängig vom Träger des MVZ und vom jeweiligen Arbeitsvertrag teilweise gefordert sein, dass Ärzte sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich arbeiten, sodass sie zwischen Krankenhaus und MVZ pendeln müssen.
Ein weiterer Nachteil der Anstellung in einem MVZ liegt darin, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis häufig als anonymer und unpersönlicher wahrgenommen wird als in einer Einzelpraxis.
Für Ärzte, die nicht in den Ruhestand gehen, sondern das MVZ verlassen, um sich selbstständig zu machen, ist es nachteilig, dass sie ihre Zulassung nicht mitnehmen können. Stattdessen verbleibt diese im MVZ und erleichtert dort die Anstellung neuer Ärzte. Diese Regelung stellt somit einen Nachteil für Ärzte dar, die das MVZ verlassen möchten, jedoch einen Vorteil für das Medizinische Versorgungszentrum.
Eine weitere Herausforderung, die mit einem MVZ einhergehen können, stellen die eventuellen Interessenskonflikte dar: Hier können sich medizinische Einschätzungen und wirtschaftliche Interessen gegenüberstehen.
Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Formen der Niederlassung? In unserem Beitrag über Praxisformen erhalten Sie alle Infos.