Mahnverfahren – kaufmännisch, außergerichtlich, gerichtlich: der große Überblick

Mahnung
Praxisalltag

Ein hoher Anteil an Privatpatienten bringt für Arztpraxen den Vorteil meist höherer Honorare mit sich. Gleichzeitig birgt die Behandlung von Privatpatienten eine höheres Risiko von potenziellen Zahlungsausfällungen oder -verzögerungen im Vergleich zur Abrechnung der erbrachten Leistungen mit einer gesetzlichen Krankenversicherung über die zuständige kassenärztliche Vereinigung. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, wie Sie dank eines kaufmännischen Mahnverfahrens, eines gerichtlichen Mahnbescheids oder auch mithilfe des Klagewegs das Geld erwirken können, das Ihnen zusteht. Dabei zeigen wir Ihnen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verfahren auf, sowohl hinsichtlich zeitlichem als auch finanziellem Aufwand.

Warum zahlen Patienten nicht? – Gründe + Tipps

Mittlerweile haben immer mehr Arztpraxen damit zu kämpfen, dass Patienten ihre in Anspruch genommenen Leistungen nicht unverzüglich begleichen. Die Gründe für ausbleibende Zahlungen sind vielfältig. Während der eine Patient die Rechnung in der Post übersehen oder vergessen hat, ist sie bei einem anderen Patienten gar nicht erst angekommen. Vielleicht ist er umgezogen oder der Brief ist auf dem Postweg verloren gegangen. Tatsächlich ist eine falsche Adresse die zweithäufigste Ursache für ausbleibende Zahlungen.

Tipp 1
Lassen Sie sich von jedem Patienten kurz bestätigen, dass die bei Ihnen im System gespeicherte Adresse noch korrekt ist. Das erspart Ihnen Nerven für die Adressrecherche und kann einen Großteil der Zahlungsausfälle verhindern.

Außerdem ist es möglich, dass ein Patient von seinem Recht Gebrauch macht, dass er die Rechnung nur begleichen muss, wenn diese korrekt gestellt wurde.

Tipp 2
Wie Sie eine fehlerhafte Rechnungstellung und damit ausbleibende Zahlungen vermeiden, zeigen wir Ihnen in unserem Ratgeber zur korrekten Privatliquidation.

Auch fehlende finanzielle Mittel können selbstverständlich zu ausbleibenden Zahlungen führen. So kann es beispielsweise passieren, dass ein Patient eine privatärztliche Leistung in Anspruch nimmt, spontan in eine finanzielle Schieflage gerät und ihm schlichtweg das Geld fehlt, um Ihre Rechnung zu begleichen.

Tipp 3
Vor kostenintensiven Behandlungen kann es daher sinnvoll sein, zuvor eine Bonitätsauskunft einzuholen und somit die Zahlungsfähigkeit des Patienten zu überprüfen.

Tipp 4
Gehen Sie mit Ihrem Patienten ins offene Gespräch. Falls einer Ihrer Patienten knapp bei Kasse ist, ehrlich mit Ihnen darüber spricht und trotzdem eine privatärztliche Leistung von Ihnen in Anspruch nehmen möchte, können Sie ihm alternativ eine Ratenzahlung anbieten.

Wann ist die ärztliche Rechnung fällig?

Sofern Sie Ihre Rechnung gemäß der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) korrekt gestellt haben, ist der Rechnungsbetrag sofort fällig. Dies gilt auch, wenn Sie und Ihr Patient nicht einig darüber sind, ob die abgerechneten Positionen korrekt sind. So hat der Bundesgerichtshof darüber entschieden, dass auch kontrovers beurteilte Rechnungspositionen fällig sind, sofern die Rechnungsstellung formal korrekt ist (Az. III ZR 117/06).

Worauf kommt es bei der Ausstellung einer GOÄ Rechnung an? In unserem Beitrag zum Thema GOÄ Rechnung erhalten Sie alle Infos.

Fälligkeit vs. Zahlungsverzug

Von der Fälligkeit ist der Zahlungsverzug zu unterscheiden. Von einem Zahlungsverzug ist nach Bürgerlichem Gesetzbuch die Rede, wenn es 30 Tage her ist, dass der Patient die korrekt gestellt Rechnung erhalten hat und in der Rechnung auf den nach 30 Tagen eintretenden Zahlungsverzug hingewiesen wurde (§ 286 Abs. 1 BGB). Haben Sie Ihren Patienten in der Rechnung hingegen nicht auf den bevorstehenden Zahlungsverzug hingewiesen, müssen Sie Ihren Patienten zunächst schriftlich zum Begleichen der Rechnung auffordern. Erst daraufhin tritt dann der Zahlungsverzug ein.

Der Zahlungsverzug als Grundlage für Verzugszinsen, Schadensersatz und Rechtsweg

Erst sobald der sogenannte Zahlungsverzug gegeben ist, haben Sie als Gläubiger einen Anspruch auf entsprechende Verzugszinsen und/oder Schadensersatz. Der Verzugszinssatz, den Sie von Ihrem Patienten einfordern können, liegt 5 Prozentpunkte über dem zum Zeitpunkt gültigen Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB). Der Basiszinssatz wiederum wird jährlich am 1. Januar sowie am 1. Juli neu festgesetzt.

Als Schadensersatz kommen beispielsweise Mahnkosten und ggf. Rechtsanwaltskosten infrage. Eventuell entstandene Kosten für die erste Zahlungserinnerung wiederum können Sie Ihrem Patienten nicht berechnen, da diese Zahlungserinnerung erst nötig war, um den Patienten überhaupt in Zahlungsverzug zu setzen. Auch damit der Rechtsweg bestritten werden kann, ist es notwendig, dass der Patient zunächst mittels einer ersten Mahnung mindestens einmal schriftlich darauf hingewiesen wurde, dass die Rechnung zu begleichen ist.

Mahnverfahren – kaufmännisch, außergerichtlich, gerichtlich: der große Überblick
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Der Behandlungsvertrag als Voraussetzung

Damit Ihnen Ihr Honorar als Arzt zusteht, muss zunächst ein Behandlungsvertrag mit Ihrem Patienten zustande gekommen sein. Sofern es sich um eine Leistung handelt, die von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen wird, gilt ein Behandlungsvertrag bei der Behandlung von gesetzlich Versicherten als geschlossen, sobald Sie sich in einem Gespräch auf eine Behandlung verständigt haben. In diesem Fall muss der Behandlungsvertrag nicht in schriftlicher Form vorliegen, geschweige denn von beiden Seiten unterschrieben werden. Handelt es sich hingegen um einen Privatpatienten oder um eine Leistung, die von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen wird, so ist ein schriftlicher Behandlungsvertrag notwendig, damit Sie im Zweifelsfall nachweisen können, dass Sie Ihren Patienten auf die zu tragenden Kosten hingewiesen haben.

Die korrekte Rechnungsstellung

Ihre Patienten müssen Ihre Rechnungen nur dann bezahlen, wenn sie formal korrekt sind. Wie eine ärztliche Privatabrechnung aussehen muss, bzw. welche Angaben enthalten sein müssen, ist in § 12 der Gebührenordnung für Ärzte festgesetzt. Demnach muss eine Privatabrechnung unter anderem die Gebührennummer der entsprechenden Leistung sowie eine Leistungsbeschreibung enthalten, ebenso den Betrag und den angewandten Steigerungsfaktor.

Weitere Informationen zur korrekten Privatabrechnung finden Sie in unserem Ratgeber zu diesem Thema.

Die Lösung: Konsequentes Mahnverfahren

Ausbleibende Zahlungen können die Liquidität und somit die Existenz einer Arztpraxis gefährden. Doch zum Glück müssen Sie die ausbleibenden Zahlungen von Privatpatienten nicht einfach hinnehmen. Die Lösung stellt ein konsequentes Mahnverfahren dar, mithilfe dessen Sie Ihre Patienten dazu bewegen, Ihre abgerechneten Leistungen letztlich doch noch zu bezahlen.

Empfehlung: Ein dreistufiges, außergerichtliches (kaufmännisches) Mahnverfahren

Es ist uns wohl allen schon mindestens einmal passiert, dass wir vergessen haben, eine Rechnung auf Anhieb zu bezahlen. Das passiert nicht nur Ihnen, sondern auch Ihren Patienten und muss keine böse Absicht voraussetzen. Da es nur menschlich ist, eine Zahlung mal zu vergessen, und da Sie sicherlich das gute Verhältnis zu Ihren Patienten wahren möchten, sollten Sie Ihren Patienten nicht direkt mit Rechtsfolgen drohen. Stattdessen empfiehlt es sich, ein außergerichtliches Mahnverfahren – auch kaufmännisches Mahnverfahren genannt – mit drei Stufen einzuführen. Dabei erhalten Ihre Patienten zunächst eine freundliche Zahlungserinnerung, im zweiten Schritt eine erste strengere Mahnung und letztlich eine zweite Mahnung, in der Sie nun ankündigen können, dass bei einem weiteren Ausbleiben der Zahlung rechtliche Schritte folgen werden.

Bitte beachten Sie: Wenn Sie sich später für den Rechtsweg entscheiden möchten, müssen Sie als Arzt nachweisen können, dass der Patient sowohl Ihre Rechnung als auch Ihre Zahlungsaufforderung erhalten hat. Dies gilt sowohl wenn Sie direkt den Rechtsweg bestreiten wollen als auch wenn Sie zuerst Mahnungen verschickt haben.

Tipp 5
Versenden Sie Ihre letzte Mahnung daher per Einschreiben und fügen Sie einen vorbereiteten Überweisungsauftrag hinzu. Diesen erhalten Sie bei jeder Bank und müssen lediglich die Kosten für den Druck übernehmen. Dieses professionelle und strikte Vorgehen sorgt dafür, dass Sie als entschlossen und konsequent wahrgenommen werden, wodurch in der Regel einige Rechnungen letztlich doch noch beglichen werden.

Berücksichtigen Sie, dass sich ein verhältnismäßig aufwendiges Verfahren mit dem Versand per Einschreiben bei Kleinbeträgen gegebenenfalls nicht lohnt, da Sie für das Einschreiben per Post sowie auch für den vorbereiteten Überweisungsauftrag Geld bezahlen müssen. Dies gilt es im Einzelfall zu prüfen.

Tipp 6
Da sich das Abrechnen von Kleinbeträgen (z.B. 3,15 € für die GOÄ Ziffer 2 nicht lohnt, gibt es entsprechende Praxissoftware, mit der Sie auswählen können, dass Rechnungen erst ab einem bestimmten Betrag gestellt werden sollen. Beträge, die dieses Minimum nicht überschreiten, werden wiederum gespeichert, bis der Patient weitere Leistungen in Anspruch genommen hat und sich eine Abrechnung somit lohnt.

1. Stufe: Freundliche Zahlungserinnerung

Da Sie sicherlich Wert darauf legen, das gute Verhältnis zu Ihren Patienten zu wahren, sollte eine erste Zahlungserinnerung stets höflich und freundlich sein. Schließlich kann es jedem passieren, dass man mal eine Rechnung zu überweisen vergisst. Daher wäre es in dieser ersten Zahlungserinnerung fehl am Platz, dem Patienten einen bösen Willen zu unterstellen, geschweige denn rechtliche Konsequenzen anzudrohen. Zeigen Sie daher lieber Verständnis und begegnen Sie der Situation vielleicht sogar mit einem humorvollen Schreiben.

Tipp 7
Legen Sie Ihren Zahlungserinnerungen und Mahnungen immer nochmals die ursprüngliche Rechnung bei. Falls Ihr Patient die Rechnung nicht mehr finden kann oder vielleicht sogar gar nicht erhalten hat, erleichtern Sie es ihm auf diese Weise, die Rechnung zeitnah zu begleichen. Außerdem vermeiden Sie zeitaufwendige Rückfragen zur Rechnung.

Beispiel für eine höfliche Zahlungserinnerung:

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,

im stressigen Alltag geht uns allen schnell mal etwas unter. Unsere Rechnung R12345 vom TT.MM.JJJJ ist bisher noch nicht beglichen worden. Wir möchten Sie daher freundlich daran erinnern, den Rechnungsbetrag in Höhe von XX € zeitnah auf untenstehendes Konto zu überweisen.

Falls Sie den Rechnungsbetrag inzwischen überwiesen haben, sehen Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos an.

Vielen Dank und liebe Grüße
Ihr Praxis-Team

2. Stufe: Erste Mahnung

Wenn Ihr Patient die Rechnung nach der ersten Zahlungserinnerung immer noch nicht beglichen hat, sind schon deutlichere und strengere Formulierungen empfehlenswert, um den Patienten zur Zahlung zu bewegen. Setzen Sie Ihren Patienten in der ersten Mahnung eine Frist. Ein üblicher Zeitraum liegt bei 10 oder 14 Tagen. Vermerken Sie außerdem den offenen, zu zahlenden Betrag, das ursprüngliche Rechnungsdatum und eine eindeutige Zahlungsaufforderung. Optional können Sie an dieser Stelle außerdem mit Verzugszinsen, Portokosten und Mahnkosten drohen, die der Patient tragen muss, sofern er die Rechnung nach dieser Mahnung noch immer nicht begleicht.

Beispiel für eine erste Mahnung:

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,

leider haben Sie die Rechnung R12345 vom TT.MM.JJJJ auch nach unserer Zahlungserinnerung vom TT.MM.JJJJ noch nicht beglichen. Bitte überweisen Sie den offenen Rechnungsbetrag in Höhe von XX € bis zum TT.MM.JJJJ auf untenstehendes Konto. Sollte nach dieser Frist von 14 Tagen immer noch keine Zahlung bei uns eingegangen sein, sehen wir uns gezwungen, Ihnen die Mahnkosten inklusive Portokosten und Verzugszinsen in Rechnung zu stellen.

Falls sich Ihre Zahlung mit unserem Schreiben überschnitten hat und Sie die Rechnung mittlerweile bezahlt haben, sehen Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos an.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Praxis-Team

3. Stufe: Zweite Mahnung

Nachdem Ihr Patient weder auf die Rechnung noch auf die Zahlungserinnerung oder die erste Mahnung reagiert hat, ist es üblich und empfehlenswert, einen strengen Ton zu wählen und weitere rechtliche Schritte anzukündigen. So können Sie in dieser zweiten Mahnung ankündigen, ein gerichtliches Mahnverfahren oder eine Klage einzuleiten oder alternativ ein Inkassoinstitut miteinzubeziehen oder einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Nennen Sie außerdem einen letzten Zahlungstermin und weisen Sie darauf hin, dass die Kosten für das Mahnverfahren von Ihrem Patienten zu tragen sind. Um einen möglichst seriösen und ernsten Eindruck zu hinterlassen und somit die Zahlungswahrscheinlichkeit zu erhöhen, kann es bei der zweiten Mahnung empfehlenswert sein, diese bereits von einem Anwalt schreiben zu lassen.

Beispiel für die zweite Mahnung:

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XY,

leider haben Sie bisher weder auf unsere Zahlungserinnerung vom TT.MM.JJJJ noch auf unsere Mahnung vom TT.MM.JJJJ reagiert. Daher erhalten Sie hiermit die zweite und letzte Mahnung, mit der wir Sie auffordern, die Rechnung R12345 vom TT.MM.JJJJ in Höhe von XX € spätestens bis zum TT.MM.JJJJ (heute zzgl. 14 Tage) zu überweisen.

Falls die Rechnung während dieser 14-tägigen Frist nicht beglichen wird, sehen wir uns gezwungen, gerichtliche Schritte gegen Sie einzuleiten. Die Kosten hierfür wären vollumfänglich von Ihnen zu tragen.

Sofern Sie die genannte Rechnung in der Zwischenzeit überwiesen haben, betrachten Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Praxis-Team

Tipp 8
Um ein professionelles Mahnverfahren und eine bestmögliche Liquidität Ihrer Praxis zu sichern, ist es empfehlenswert, einen Ihrer Mitarbeiter speziell für das Mahnwesen zu schulen. Nur so gibt es einen kompetenten Ansprechpartner, der beispielsweise den Erlass von Mahnbescheiden beantragt, entsprechende Zwangsvollstreckungen einleitet oder mit Patienten über Ratenzahlungen verhandelt, wenn sich diese derzeit in einer finanziellen Schieflage befinden und aus diesem Grund die Rechnung noch nicht beglichen haben.

Inkasso

Wie in der zweiten Mahnung bereits angekündigt, haben Sie bei weiterhin ausbleibender Zahlung das Recht, ein Inkassounternehmen einzuschalten, das sich um den Ausgleich Ihrer Forderung kümmert. Die Zusammenarbeit mit einem Inkassodienst hat den Vorteil, dass Sie als Arzt nicht selbst als Schuldeneintreiber auftreten. Sollte es mit dem Patienten zu einem Konflikt bezüglich ausgebliebener Zahlungen kommen, treten Sie in diesem Szenario nicht persönlich auf, wodurch das gute Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Patienten erhalten bleibt. Ein gutes Inkassounternehmen legt ebenso Wert darauf, das Arzt-Patienten-Verhältnis zu wahren, indem sie den direkten Kontakt zu Ihren Patienten suchen und sich um eine beidseitig positive Lösung bemühen. Wenn ein Patient die Rechnung nicht bezahlt, weil er beispielsweise seine Arbeit verloren hat oder eine große, unerwartete Zahlung leisten musste, dann kann es hilfreich sein, sich gemeinsam mit dem Patienten auf eine Ratenzahlung zu einigen oder ihm einen Aufschub der Zahlungsfrist zu gewähren. Weitere Informationen zu dieser Möglichkeit der Schuldenbeitreibung finden Sie in unserem Beitrag zum Inkasso.

Achtung: Datenschutz

Grundsätzlich dürfen Sie die Daten Ihrer Patienten nur dann an eine Abrechnungsstelle, einen Inkassodienstleister oder an andere Dritte weitergeben, wenn der entsprechende Patient der Weitergabe seiner Daten schriftlich zugestimmt hat. Denn als Arzt unterliegen Sie der Schweigepflicht (§ 203 StGB), die es Ihnen untersagt, persönliche Daten oder andere Informationen Ihrer Patienten an Dritte weiterzugeben. Falls ein Patient mit der Weitergabe seiner Daten hingegen nicht einverstanden ist, müssten Sie die Zahlungserinnerungen und Mahnungen daher selbst aus Ihrer Praxis heraus verschicken.

Tipp 9
Holen Sie sich direkt vor der Behandlung eines neuen Patienten eine Einverständniserklärung in zweifacher Ausfertigung ein, sodass Sie sich später bei Bedarf jederzeit problemlos von einer Abrechnungsstelle oder einem Inkassounternehmen unterstützen lassen können.

Mahnverfahren auf dem Rechtsweg

Wenn ein Patient seine Rechnung nach der zweiten Mahnung noch immer nicht begleicht, stehen Ihnen auf dem Rechtsweg zwei Optionen offen, um Ihre Forderungen durchzusetzen: Zum einen können Sie einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen. Hierbei spricht man vom gerichtlichen Mahnverfahren. Zum anderen können Sie sich für den Klageweg entscheiden. Dieser wird auch als „streitiges Verfahren“ bezeichnet. Der Rechtsweg ist in der Regel glücklicherweise nur bei weniger als 1 % der ärztlichen Rechnungen notwendig. Die restlichen 99 % Ihrer geforderten Zahlungen können Sie für gewöhnlich dank eines professionellen Forderungsmanagements bzw. Mahnwesens erreichen.

Gerichtliches Mahnverfahren Klageverfahren
✓ kostengünstiger
✓ schnelleres Ergebnis
➤ sinnvoll, wenn davon auszugehen ist, dass der Patient noch bezahlen wird
✓ hohe Erfolgschancen auch bei harten Fällen
✘ kostenintensiv
✘ finanzielles Risiko
✘ zeitintensiver
➤ bei hohem Streitwert lohnenswert
➤ entweder eigenständig oder im Anschluss an das gerichtliche Mahnverfahren möglich
➤ sinnvoll, wenn davon auszugehen ist, dass der Patient willentlich nicht bezahlt

Gerichtliches Mahnverfahren durch Mahnbescheid

Mithilfe des gerichtlichen Mahnverfahrens können Sie als Gläubiger Ihrem Patienten einen gerichtlichen Mahnbescheid schicken lassen und somit einen Vollstreckungstitel erlangen – ganz ohne einen aufwendigen und kostenintensiven Klageweg. Nachdem Ihr Patient den Mahnbescheid erhalten und diesem nicht widersprochen hat, können Sie den Vollstreckungstitel durch einen Gerichtsvollzieher vollstrecken lassen. Das gerichtliche Mahnverfahren ist verhältnismäßig einfach und kostengünstiger als das Klageverfahren. Außerdem ist es hierbei noch nicht notwendig, dass Sie Beweise vorlegen. Die Zuständigkeit für das gerichtliche Mahnverfahren liegt grundsätzlich bei dem Amtsgericht am Sitz des Gläubigers – in diesem Fall dem Sitz Ihrer Praxis. In einigen Fällen gibt es abweichend von dieser Regelung zentrale Zuständigkeiten. So werden beispielsweise alle gerichtlichen Mahnbescheide in den Bundesländern Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern vom Amtsgericht Hamburg-Altona verschickt. Das für Ihren Fall zuständige Mahngericht finden Sie ganz einfach mithilfe der Gerichtssuche des gemeinsamen Internetauftritts der Mahngerichte aller Bundesländer. Diese jeweilige Zuständigkeit des Amtsgerichts ist unabhängig von der Höhe der Zahlungsforderung.

1. Mahnantrag: Beantragen Sie einen Mahnbescheid

Zunächst müssen Sie im gerichtlichen Mahnverfahren mithilfe des offiziellen Formulars einen Mahnbescheid beantragen. Das Formular für diesen Mahnantrag erhalten Sie bei Ihrem zuständigen Amtsgericht sowohl elektronisch als auch in Papierform. Um einen Mahnbescheid erhalten zu können, ist es notwendig, dass der Antrag vollständig ausgefüllt wird. Erforderliche Angaben sind unter anderem der Betrag der Forderung, die Bezeichnung der Leistung sowie die persönlichen Daten von Ihnen und Ihrem Patienten. Bei Bedarf können Sie in Ihrem Mahnantrag außerdem einen Prozessbevollmächtigten angeben. Zudem müssen Sie hier das Gericht angeben, das für ein gegebenenfalls anschließendes Klageverfahren zuständig wäre. Diese Angabe ist nötig, damit der Prozess an das entsprechende Gericht weitergegeben werden kann, sofern das gerichtliche Mahnverfahren bzw. der gerichtliche Mahnbescheid Ihren Patienten nicht zum Begleichen der Rechnung bewegen kann.

Eine Begründung der Forderung ist im gerichtlichen Mahnverfahren nicht notwendig. Füllen Sie lediglich den Antrag vollständig aus und unterzeichnen Sie diesen abschließend handschriftlich. Bitte berücksichtigen Sie, dass die Beantragung des Mahnbescheids vorschusspflichtig ist. Demnach erhalten Sie als Antragsteller eine Rechnung vom Gericht, die Sie selbst tragen müssen. Die Gebühren für den Mahnbescheid richten sich dabei nach der Höhe der Forderung, die Sie gegenüber Ihrem Patienten geltend machen möchten. Für die Beantragung eines Mahnbescheids zahlen Sie 50 % der in § 34 des Gerichtskostengesetzes (GKG) festgelegten Wertgebühren. Je höher der Streitwert ist, desto höher fällt auch die Gebühr aus. Die Gebühren sind gemäß § 34 GKG je nach Gegenstandswert gestaffelt. Der nachfolgenden Tabelle können Sie die Gebühren für einen gerichtlichen Mahnbescheid je nach Gegenstandswert entnehmen.

*Grundlage: Anlage 2 Gerichtskostengesetz (zu § 34 GKG)
Streitwert bis (in €) Gebühr (in €) Gerichtskosten für Mahnbescheid (in €)
500 38,00 36,00 (Mindestgebühr)
1.000 58,00 36,00 (Mindestgebühr)
1.500 78,00 39,00
2.000 98,00 49,00
3.000 119,00 59,50
4.000 140,00 70,00
5.000 161,00 80,50
6.000 182,00 91,00
7.000 203,00 101,50
8.000 224,00 112,50
9.000 245,00 122,50
10.000 266,00 133,00
13.000 295,00 147,50
16.000 324,00 162,00
19.000 353,00 176,50
22.000 382,00 191,00
25.000 411,00 205,50
30.000 449,00 224,50
35.000 487,00 243,50
40.000 525,00 262,50
45.000 563,00 281,50
50.000 601,00 300,50
65.000 733,00 366,50
80.000 865,00 432,50
95.000 997,00 498,50
110.000 1.129,00 564,50
125.000 1.261,00 630,50
140.000 1.393,00 696,50
155.000 1.525,00 762,50
170.000 1.657,00 828,50
185.000 1.789,00 894,50
200.000 1.921,00 960,50
230.000 2.119,00 1.059,50
260.000 2.317,00 1.158,50
290.000 2.515,00 1.257,50
320.000 2.713,00 1.356,50
350.000 2.911,00 1.455,50
380.000 3.109,00 1.554,50
410.000 3.307,00 1.653,50
440.000 3.505,00 1.752,50
470.000 3.703,00 1.851,50
500.000 3.901,00 1.950,50

Beispielrechnung

Wenn Sie beispielsweise einen Mahnbescheid für eine Forderung in Höhe von bis zu 4.000 € beantragen, dann müssen Sie eine Gebühr für diesen Mahnbescheid in Höhe von 70 € zahlen. Die Mindestgebühr beträgt auch bei sehr geringem Streitwert stets 36 €. Die Kosten für den Mahnbescheid können Sie sich anschließend von Ihrem Patienten erstatten lassen. Zusätzliche Kosten kommen hinzu, wenn Sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen oder es zu einem streitigen Verfahren kommt.

2. Mahnbescheid

Der Mahnbescheid wird Ihrem Patienten anschließend zugestellt, sofern Ihr Antrag alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt hat. Sie wiederum werden darüber informiert, wenn Ihr Mahnantrag bewilligt wurde und der Patient somit einen Mahnbescheid erhält. Ihr Patient hat nun zwei Wochen lang Zeit, um dem Mahnbescheid zu widersprechen. Tut er dies nicht, erhalten Sie nach Ablauf dieser zweiwöchigen Frist einen entsprechenden Vollstreckungsbescheid, mit dem Sie eine Zwangsvollstreckung einleiten können.

3. Widerspruch gegen den Mahnbescheid

Falls der Patient die von Ihnen gestellte Rechnung für unzulässig oder fehlerhaft hält, hat er nach Erhalt des Mahnbescheids die Möglichkeit, diesem zu widersprechen. Dieser Widerspruch erfolgt schriftlich mithilfe eines Vordrucks, der jedem Mahnbescheid automatisch beigelegt wird. Für den schriftlichen Widerspruch hat Ihr Patient zwei Wochen lang Zeit. Diese Frist beginnt, sobald der Mahnbescheid beim Patienten zugestellt wurde.

Wenn Ihr Patient dem Mahnbescheid an dieser Stelle widerspricht, so kann der Fall vom mahnenden Amtsgericht an das zuständige Prozessgericht abgegeben werden. Hier muss der Patient nun sachlich begründen, weshalb er die Rechnung nicht bezahlt bzw. weshalb er Widerspruch erhebt. Im Anschluss daran werden Sie als Gläubiger und Antragsteller vom zuständigen Prozessgericht aufgefordert, Ihren Antrag und Ihre Forderung gegenüber Ihrem Patienten zu erklären.

4. Vollstreckungsbescheid

Sofern der Patient gegen den gerichtlichen Mahnbescheid keinen Widerspruch einlegt, haben Sie die Möglichkeit, einen Vollstreckungsbescheid zu beantragen. Nachdem der gerichtliche Mahnbescheid bei Ihrem Patienten zugestellt wurde, haben Sie maximal sechs Monate lang Zeit, um den Erlass eines Vollstreckungsbescheids zu beantragen. In diesem Antrag müssen Sie angeben, ob in der Zwischenzeit bereits ein Teil der Forderungen beglichen wurden.

Tipp 10
Beantragen Sie den Vollstreckungsbescheid nach Ablauf der Widerspruchsfrist so schnell wie möglich. Denn der Patient kann noch so lange Widerspruch einlegen, bis Sie einen Vollstreckungstitel erwirkt haben. Indem Sie sich also nicht zeitnah um einen Vollstreckungsbescheid kümmern, würden Sie somit entsprechend die Widerspruchsfrist des Patienten verlängern. Ein weiterer Grund, weshalb Sie den Vollstreckungsbescheid zeitnah nach Ablauf der Widerspruchsfrist beantragen sollten, ist jener, dass Sie insgesamt nur sechs Monate lang Zeit haben.

Der gerichtlich erlassene Vollstreckungsbescheid dient Ihnen anschließend als Grundlage, um ein Zwangsvollstreckungsverfahren einzuleiten. Er wird Ihrem Patienten automatisch zugeschickt. Als Adresse wird hierbei diejenige Anschrift herangezogen, die bereits im Mahnbescheid angegeben war. Für den Fall, dass Ihr Patient zwischen dem Erhalt des Mahnbescheids und dem Erhalt des Vollstreckungsbescheids umgezogen ist und das Gericht seinen neuen Aufenthaltsort nicht herausfinden kann, kann das Gericht den Vollstreckungsbescheid „öffentlich zustellen“, indem der Bescheid an den Gerichtstafeln angeheftet wird.

Nach Erhalt des Vollstreckungsbescheids hat Ihr Patient erneut zwei Wochen lang Zeit, um Widerspruch einzulegen. Macht Ihr Patient von diesem Recht keinen Gebrauch, ist der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Hierdurch erhalten Sie einen 30 Jahre lang gültigen Titel. Falls der Patient dem Vollstreckungsbescheid hingegen widerspricht, geht das Verfahren automatisch in eine Klage über. Der Fall wird dementsprechend an das verantwortliche Prozessgericht abgegeben.

Zwangsvollstreckung

Mit dem Vollstreckungstitel erhalten Sie das Recht, eine Zwangsvollstreckung einzuleiten. Ob Sie im Rahmen der Zwangsvollstreckung den vollständigen Betrag von Ihrem Patienten erhalten können, hängt von den Vermögenswerten des Patienten ab. Dabei kann sowohl in die beweglichen als auch in die unbeweglichen Vermögenswerte vollstreckt werden. Ihr Vollstreckungstitel – und somit Ihr Recht auf eine Zwangsvollstreckung – bleibt 30 Jahre lang gültig. Falls Ihr Patient derzeit beispielsweise arbeitslos ist und keine Vermögenswerte besitzt, die sich vollstrecken ließen, haben Sie noch weitere 30 Jahre lang Zeit, um Ihre Forderung gegenüber Ihrem Patienten geltend zu machen, sobald er finanziell besser gestellt ist.

Tipp 11
Lassen Sie in regelmäßigen Abständen prüfen, ob die zahlungsunfähigen Patienten der letzten 30 Jahre, gegenüber derer Sie einen Vollstreckungstitel erwirken konnten, mittlerweile wieder zahlungsfähig sind.

Vollstreckung in bewegliches/körperliches Vermögen

Zur Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen Ihres Patienten werden die entsprechenden Vermögensgegenstände gepfändet. Zum beweglichen Vermögen gehören dabei unter anderem Bargeld, Schmuck, Fahrzeuge oder Möbel. Sofern der Patient Bargeld besitzt, erhalten Sie als Gläubiger das gepfändete Bargeld direkt. Andere Gegenstände werden in einer sogenannten Zwangsversteigerung öffentlich versteigert. Die Gläubiger, zu denen in diesem Fall auch Sie zählen, erhalten wiederum den Erlös dieser Versteigerung. Um in das bewegliche Vermögen des Patienten zu vollstrecken, müssen Sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen. Zuständig ist der Gerichtsvollzieher desjenigen Amtsgerichts, in dem die Zwangsvollstreckung stattfinden soll – in diesem Fall also voraussichtlich das Amtsgericht am Wohnsitz des Patienten.

Wenn Ihr Patient dem Gerichtsvollzieher den Zutritt zu seinem Haus oder seiner Wohnung verweigert, um das bewegliche Vermögen zu durchsuchen, müssen Sie als Gläubiger bei dem Amtsgericht, das für Ihren Patienten örtlich zuständig ist, eine gerichtliche Durchsuchungsgenehmigung beantragen und den Gerichtsvollzieher entsprechend erneut zur Vollstreckung beauftragen. Wenn davon auszugehen ist, dass Ihr Patient keine pfändbaren Vermögensgegenstände besitzt (weil beispielsweise innerhalb der letzten drei Monate schon eine weitere Pfändung fruchtlos blieb), so erhalten Sie eine Unpfändbarkeitsbescheinigung. Mit dieser können Sie dann wiederum eine eidesstattliche Versicherung von Ihrem Patienten einfordern (siehe Abschnitt unten „Hat der Patient tatsächlich kein vollstreckbares Eigentum? – Eidesstattliche Versicherung“).

Vollstreckung in unbewegliches Vermögen/Grundeigentum

Wenn Sie in das unbewegliche Vermögen (d.h. Häuser, Apartments, Grundstücke) vollstrecken möchten, liegt die Verantwortlichkeit bei demjenigen Amtsgericht, das für das zu vollstreckende Grundeigentum zuständig ist. Man spricht in diesem Fall auch vom Vollstreckungsgericht. Die Vollstreckung von Grundeigentum kann dabei auf unterschiedliche Weise erfolgen:

  • Zwangsversteigerung
  • Zwangsverwaltung
  • Zwangshypothek
Zwangsversteigerung

Bei der Zwangsversteigerung von Grundeigentum verhält es sich ähnlich wie bei der Zwangsversteigerung von beweglichen Vermögenswerten. Häuser, Wohnungen oder Grundstücke werden in diesem Fall öffentlich versteigert. Sie als Gläubiger erhalten daraufhin einen Teil des Erlöses aus der Versteigerung – in Höhe Ihrer Forderung.

Zwangsverwaltung

In einigen Fällen kann es unverhältnismäßig sein, das Grundeigentum des Schuldners zu versteigern. Eine Alternative zur Zwangsversteigerung stellt die Zwangsverwaltung dar. Wenn Ihr Patient beispielsweise eine Wohnung an Dritte vermietet oder ein Grundstück verpachtet, erhalten Sie im Rahmen einer Zwangsverwaltung die Einnahmen, die aus dem Grundstück generiert werden, bis der Patient hierdurch die Schulden bei Ihnen abbezahlt hat.

Zwangshypothek

Falls Ihre Forderung gegenüber Ihrem Patienten mehr als 750 € beträgt, gibt es als dritte Alternative die Zwangshypothek (§ 866 Abs. III ZPO). Diese kann im Grundbuch eingetragen werden und Sie als Forderungsinhaber somit dinglich sichern.

Zwangsvollstreckung in Lohn sowie Miet- und Pachteinnahmen

Falls Ihr Patient derzeit keine finanziellen Mittel hat, welche sich vollstrecken ließen, um Ihre Rechnung zu begleichen, jedoch selbst offene Forderungen gegenüber Dritten hat, können auch diese zwangsvollstreckt werden. Wenn Ihr Patient beispielsweise Lohn von seinem Arbeitgeber erhält oder Miet- oder Pachteinnahmen von ihm gehörigen Häusern, Wohnungen oder Grundstücken erwartet, können auch diese Geldforderungen durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet werden. Dieser Beschluss legt fest, dass der Schuldner des Patienten die Geldforderungen nicht bei Ihrem Patienten begleichen darf, sondern direkt bei Ihnen. Dementsprechend würde beispielsweise der Lohn oder die Mieteinnahmen Ihres Patienten nicht auf sein Konto gehen, sondern – zumindest teilweise – direkt auf Ihres überwiesen werden. Wenn Sie die Geldforderungen von Ihrem Patienten pfänden wollen, wenden Sie sich hierzu an das zuständige Vollstreckungsgericht. Das ist in diesem Fall das Amtsgericht am Wohnsitz Ihres Patienten.

Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen

Zum Schutz der Schuldner sind der Zwangsvollstreckung in Geldforderungen Grenzen gesetzt. Der Staat hat hierfür sogenannte Pfändungsfreigrenzen bzw. Pfändungsgrundfreibeträge festgesetzt, die unpfändbar sind. Dementsprechend erhalten Sie als Gläubiger niemals das volle Gehalt Ihres zahlungsunfähigen Patienten, sondern immer nur den Teil, der den Pfändungsgrundfreibetrag übersteigt (§ 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese Pfändungsfreigrenzen stellen das Existenzminimum Ihrer Patienten – bzw. der Schuldner im Allgemeinen – dar und verhindern, dass diese trotz ihrer Arbeit auf Sozialleistungen angewiesen sind.

Falls Ihr Patient nicht nur für sich selbst verantwortlich ist, sondern gesetzlich verpflichtet ist, Unterhalt für andere Personen zu zahlen, ist der unpfändbare Beitrag höher.
Die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen werden vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bekanntgegeben. Der Tabelle können Sie die Pfändungsfreigrenzen für Schuldner ohne Verpflichtung zur Unterhaltszahlung entnehmen sowie auch die Grenzen für Schuldner mit der Unterhaltspflicht für eine oder mehrere andere Personen.

Hat der Patient tatsächlich kein vollstreckbares Vermögen? – Eidesstattliche Versicherung

Wenn die Forderungen aus Ihrer ärztlichen Privatliquidation durch die bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen nicht gedeckt werden konnten, können Sie beim zuständigen Gericht beantragen, dass Ihr Patient eine eidesstattliche Versicherung abgeben muss, in der er ehrlich mitteilen muss, welche Vermögenswerte er besitzt, welche Schulden er hat und wie er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Wenn sich der Patient weigert, eine solche eidesstattliche Versicherung abzugeben, und sich somit unkooperativ zeigt, haben Sie als letzte Alternative theoretisch die Möglichkeit, eine Inhaftierung des Schuldners zu beantragen. In diesem Falle müssten Sie selbst die Kosten für den Gefängnisaufenthalt übernehmen. Der Antrag auf Inhaftierung ist ein deutlich extremeres Vorgehen, welches sich ausschließlich bei einem sehr hohen Streitwert und/oder bei Verdacht auf böswilligen Betrug empfiehlt.

Klageweg – das streitige Klageverfahren

Falls Ihr Patient dem Mahnbescheid sowie auch dem Vollstreckungsbescheid widerspricht und keine Zahlung leistet, geht der Fall automatisch in ein Klageverfahren über. Ebenso haben Sie die Möglichkeit, das gerichtliche Mahnverfahren zu überspringen und stattdessen direkt den Klageweg zu bestreiten. Das Klageverfahren ist deutlich zeit- und kostenintensiver als das kaufmännische und das gerichtliche Mahnverfahren. Daher lohnt sich eine Klage in der Regel nur bei einem hohen Streitwert und wenn davon auszugehen ist, dass der Patient seine Rechnung willentlich nicht bezahlt und dies auch nach einem gerichtlichen Mahnbescheid nicht vorhat.

In den meisten Fällen können Sie Ihre Forderungen schon mithilfe des kostengünstigeren und weniger zeitintensiven gerichtlichen Mahnverfahren beitreiben. Klagen bei einem Streitwert von bis zu 5.000 € (ohne Nebenkosten) werden in erster Instanz vor dem Amtsgericht verhandelt, Klagen bezüglich höherer Forderungen wiederum vor dem Landgericht. Vor dem Amtsgericht bzw. bei Forderungen von bis zu 5.000 € steht es Ihnen frei, sich einen Anwalt zu nehmen. Um eine angemessene Klageschrift vorzulegen und Ihre Chancen auf einen Prozesserfolg zu erhöhen, ist es jedoch empfehlenswert, im Klageverfahren immer mit einem Anwalt zusammenzuarbeiten.

Kosten für das Klageverfahren

Während das Amtsgericht für die Beantragung des Mahnbescheids nur die Hälfte der in § 34 GKG festgesetzten Wertgebühren verlangt, belaufen sich die Kosten für das Streitverfahren auf die dreifache Gerichtsgebühr.

Beispielrechnung:
Wenn es sich um einen Streitwert in Höhe von 2.000 € handelt, liegt die Gerichtsgebühr gemäß § 34 GKG bei 98,00 €. Daraus ergeben sich folgende Kosten:

Gebühren für Streitverfahren:
98,00 € x 3 = 294,00 €

Sofern dem Streitverfahren ein gerichtliches Mahnverfahren vorweggegangen ist, werden Ihnen die bereits gezahlten Kosten für den gerichtlichen Mahnbescheid erlassen. Da dieser 50 % der Gerichtsgebühr beträgt, lagen die Kosten für den gerichtlichen Mahnbescheid in diesem Beispiel bei 49,00 €.

Gebühren für Mahnbescheid:
98,00 € / 2 = 49,00 €

Demnach noch zu zahlen:
294,00 € – 49,00 € = 245,00 €

Wer trägt die Kosten für das Mahnverfahren?

Falls Ihre Klage letztlich abgewiesen wird und stattdessen Ihrem Patienten recht gegeben wird, beispielsweise weil Ihre Rechnung fehlerhaft war und somit von Ihrem Patienten vorerst nicht bezahlt werden muss, dann tragen Sie die Kosten für sämtliche Schritte im Mahnverfahren selbst. Wird Ihrer Klage hingegen stattgegeben und Sie erhalten einen Vollstreckungstitel gegenüber Ihrem Patienten, dann sind die Kosten von Ihrem Patienten zu tragen (§ 280 BGB). Sie können von Ihrem Patienten sowohl die Verzugszinsen und die Ihnen entstandenen Kosten für Mahnschreiben als auch die Anwalts- und Gerichtskosten fordern.

Verzugszinsen

Die Verzugszinsen liegen im Regelfall 5 % über dem Basiszinssatz. Diesen können Sie bei der Bundesbank abrufen.

Mahnkosten

Neben den Verzugszinsen können Sie im Erfolgsfall von Ihrem Patienten auch die Ihnen entstandenen Kosten für Mahnschreiben einfordern. Hierbei sind keine beliebig hohen Kosten zulässig, sondern lediglich eine angemessene Pauschale von 2-3 € pro Mahnung.

Gerichts- und Anwaltskosten

Sofern Sie außerdem einen Anwalt konsultiert haben und/oder sich für ein gerichtliches Mahnverfahren oder den Klageweg entschieden haben, muss Ihr Patient als Schuldner die Anwalts- und Gerichtskosten tragen, sofern Ihre Klage nicht abgewiesen wurde.

Wann verjähren Ihre Ansprüche?

Grundsätzlich haben Sie drei Jahre lang Zeit, um Ihre Forderung gegenüber Ihren Patienten geltend zu machen. Ihr Anspruch auf die Zahlung verjährt am 31. Dezember des dritten Jahres nach dem Datum der Leistungserbringung. Wenn Sie Ihren Patienten also beispielsweise am 04.04.2021 behandelt haben, verjähren Ihre Forderungen am 31.12.2024. Diesen Verjährungsprozess können Sie aufhalten, indem Sie einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen oder ein Klageverfahren eingehen. Eine eigens geschriebene Mahnung wiederum ist nicht ausreichend, um die Verjährung zu unterbrechen.

Tipp 12
Behalten Sie immer die Fristen im Blick, um frühzeitig entsprechende Wege beschreiten zu können.

Tipp 13
Bestenfalls schreiben und verschicken Sie Ihre privatärztlichen Rechnungen bereits sehr zeitnah nach der Behandlung. Denn eine spät verschickte Rechnung sorgt selbstverständlich für einen späteren Zahlungseingang und eine potenziell höhere Anzahl an Rückfragen vonseiten Ihrer Patienten.

Tipp: Professionelles Mahnverfahren durch Abrechnungsstelle

Das professionelle Forderungsmanagement, ein dreistufiges, außergerichtliches Mahnverfahren sowie gegebenenfalls der Klageweg erfordern viel Zeit, Organisation und Nerven. Um Zeit und Nerven zu sparen, können Sie das Mahnverfahren Ihrer Praxis alternativ an eine professionelle Abrechnungsstelle auslagern. Diese übernimmt neben der korrekten privatärztlichen Rechnungsstellung gemäß der Gebührenordnung für Ärzte auch die Überwachung der Zahlungseingänge und sorgt so für die bestmögliche Liquidität Ihrer Praxis. Eine Abrechnungsstelle behält für Sie sämtliche Forderungen im Blick und regelt den gesamten Schriftverkehr, von der freundlichen Zahlungserinnerung, über die erste strengere Mahnung bis hin zu Mahnungen von Anwälten. Bei Bedarf kümmert sich die Abrechnungsstelle außerdem um die Abgabe des Falls an ein Inkassounternehmen.

Außerdem können Abrechnungsdienstleister für Sie die Adressermittlung Ihrer Patienten übernehmen. Es gibt viele Gründe dafür, warum eine Rechnung und die darauffolgenden Zahlungserinnerungen und Mahnungen beim beabsichtigten Empfänger nicht ankommen. Von einer fehlerhaft erfassten Adresse über den Umzug des Patienten bis hin zu Todesfällen existieren zahlreiche mögliche Ursachen. Damit Sie auf den Kosten für die getätigten Behandlungen nicht sitzen bleiben und sich den Aufwand ersparen, um selbst die korrekten Adressen herauszufinden, übernehmen Verrechnungsstellen häufig auch diesen Schritt im Mahnwesen für Sie. Zudem bieten Abrechnungsstellen Ihnen auch weitere Vorteile, wie beispielsweise die Vorfinanzierung Ihrer Forderungen in Form von sogenanntem echten oder unechtem Factoring.

Wenn Sie nicht alle Teilaufgaben des Forderungsmanagements auslagern möchten, haben Sie alternativ die Möglichkeit, das reguläre Mahnwesen zunächst selbst zu übernehmen und von der Abrechnungsstelle lediglich die Mahnungen bei hartnäckigen Patienten übernehmen zu lassen. Das Auslagern des Mahnwesens an eine externe Abrechnungsstelle hat dabei den großen Vorteil, dass Ihr Verhältnis zum Patienten nicht durch die Rechnungsstellung, ein strenges Mahnwesen oder unangenehme Nachfragen zur Rechnung beeinträchtigt wird. Stattdessen können Sie sich auf eine kompetente Behandlung und ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis konzentrieren, während die Abrechnungsstelle Ihr Forderungsmanagement übernimmt.

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