Jeder Arzt weiß, wie mühsam und aufwändig es ist, neue Patienten zu gewinnen. Umso ärgerlicher ist es wenn Patienten – egal ob neuer oder langjähriger Patient – gar nicht erst zum Termin erscheinen. Nicht jeder Patient, der einen Arzttermin versäumt, tut dies aus böswilliger Absicht. Wenn ihm die Einhaltung des Termins unmöglich ist, und er schuldlos nicht erscheinen kann, muss der Patient natürlich nicht für eine eventuelle Entschädigung des Arztes aufkommen. Die Frage ist jedoch, ab wann ist dem Patienten die Nichtwahrnehmung des vereinbarten Termins zuzuschreiben?
Grundsätzlich gilt: Auch, wenn zwischen Arzt und Patient ein Dienstvertrag nach § 611 BGB geschlossen wurde, so dient eine Terminvereinbarung lediglich der Vereinfachung der Praxisorganisation. So zumindest lautet die herrschende Rechtsprechung. Dabei steht dem Patienten jederzeit die Möglichkeit zu, diesen Behandlungsvertrag gemäß § 627 Abs. 1 BGB – ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist – zu kündigen. Die Kündigung muss dabei nicht einmal schriftlich oder per Telefon erklärt werden. Schon das schlüssige Handeln in Form des Nichterscheinens ist in dem Fall ausreichend. Das mag auf gut gefüllte Wartezimmer bezogen legitim erscheinen, da die Ausfallzeit schnell durch einen Ersatzpatienten gefüllt werden kann. Durch eine Absage entstehen daher weder Vergütungs- noch Schadensersatzansprüche. Wie steht es allerdings mit Arztpraxen, die ihre Termine gezielt auf ihre Patienten abgestimmt vergeben und somit einen präzise strukturierten Praxisablauf planen?
Die Rechtsprechung ist sich überwiegend einig, dass dem Arzt bei einem Verdienstausfall eine Entschädigung zustehen kann, wenn der Patient nicht zum Termin erscheint. Fraglich ist jedoch, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der Arzt sein Ausfallhonorar geltend machen kann?
Es liegt auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob der Zahnarzt lediglich eine zeitlich überschaubare Routineuntersuchung vornehmen soll oder ob für den Termin zahnprothetische Maßnahmen von größerem Umfang langwierig vorbereitet werden müssen. Wenn der Zahnarzt im vorliegenden Fall keinen Ersatzpatienten aufrufen kann, kann ihm ein Anspruch auf Zahlung eines Ausfallhonorars zustehen (§ 615 BGB). Denn in einer Bestellpraxis ist es dem Arzt kaum möglich, den Ausfall zeitnah und verlustfrei zu kompensieren, da für jeden einzelnen Patienten extra größere Zeitfenster eingeplant werden, weswegen sich im Wartezimmer oft keine weiteren Patienten aufhalten.
Die aktuelle Rechtslage veranlasst daher viele Ärzte und Zahnärzte, ihre Patienten vorformulierte Vereinbarungen unterschreiben zu lassen. Danach verpflichten sich diese zur Zahlung eines Ausfallhonorars, sollten sie den Termin (zu) kurzfristig absagen. Eine solche Vereinbarung ist, um ihre Wirksamkeit bejahen zu können, jedoch an folgende Bedingungen geknüpft:
- Der Patient muss hinreichend darüber aufgeklärt werden, dass die Terminvergabe an ihn persönlich ergeht, d. h. es wurde extra für seine Behandlung ein zeitgenauer Termin reserviert.
- Zudem ist der Patient ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er dann zur Zahlung eines Ausfallhonorars verpflichtet ist, wenn er entweder nicht zum Termin erscheint oder den Termin nicht rechtzeitig absagt. In dem Zusammenhang ist die sogenannte 24-Stunden-Regelung üblich, wonach der Patient, dann in Verzug gerät, wenn er dem Arzt erst innerhalb der 24 Stunden vor seinem Termin eine Absage erteilt. Wichtig: Eine Generalverpflichtung ist jedoch nicht zulässig, da dem Patienten die Gelegenheit gegeben werden muss, sich bei Nichtverschulden entlasten zu können!
- Dem Patienten muss zudem klar sein, in welcher Form er eine Terminabsage erklären darf (schriftlich, telefonisch, per E-Mail oder Fax).
- Zur Bekanntmachung der geltenden Vereinbarung zwischen Arzt und Patient kann ein gut sichtbarer Aushang in der Praxis ausreichen. Um sich aus Sicht des Arztes/Zahnarztes noch besser abzusichern, ist jedoch anzuraten, die Vereinbarung schriftlich zu formulieren und dem Patienten zur Unterzeichnung vorzulegen. Damit zwischen Unterschrift und Behandlung kein zu großer Zeitabschnitt von mehreren Jahren liegt, sollte der Arzt die Vereinbarung sogar in regelmäßigen Abständen (z. B. jährlich) unterschreiben lassen.
Ist übrigens ein Ausweichtermin im gegenseitigen Einvernehmen vereinbart worden, kann der Anspruch auf das Ausfallhonorar entfallen.
Die Höhe des Ausfallhonorars bemisst sich in der Regel anhand des Betrages, welchen man in Rechnung gestellt hätte, wäre der Patient zur Behandlung erschienen. Gleichwohl ist auch die Erhebung einer Pauschale zulässig, die in der Höhe angemessen sein muss und sich abstrakt über die durchschnittlichen Praxiseinnahmen errechnet.
Vergisst der Patient schuldhaft einen Termin oder sagt er zu kurzfristig ab, kann darin die Verletzung seiner vertraglichen Nebenpflicht gesehen werden. Gerade bei aufwändig geplanten Terminen zwecks umfangreicher Behandlung ist das Interesse des Arztes groß, sich auf die Einhaltung des Termins verlassen zu können. Ein derartiger Verdienstausfall kann demzufolge auch einen Schadensersatzanspruch auslösen.
Um einen solchen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, müssen allerdings hohe Anforderungen erfüllt sein. Denn dem Arzt obliegt die gesamte, detaillierte Beweis- bzw. Darlegungslast, aus welchen Gründen genau ihm ein Schaden entstanden ist. Dies wäre wohl nur dann der Fall, wenn sich ein Patient gemeldet hatte, dem man wegen eines anderen Patienten hat absagen müssen, welcher selbst wiederum nicht zu seinem Termin erschienen ist. Demzufolge muss der Arzt im Streitfall sowohl vortragen als auch beweisen, dass er diesen anderen Patienten hätte behandeln können, was aber wegen des säumigen Patienten jedoch nicht mehr – auch zu keinem späteren Zeitpunkt – möglich war. Wird dem Arzt im vorliegenden Fall ein Schadensersatzanspruch zugesprochen, ist wie beim Ausfallhonorar auch hier der durchschnittliche Umsatz in der Praxis zugrunde zu legen.
Damit der Arzt zu seinem Ausfallhonorar kommt, wenn der Patient nicht zum Termin erscheint, sollte er diesen eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnen lassen. Denn somit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass echte Ausfallzeiten entsprechend ausgeglichen werden. Daneben ist auch ein Schadensersatzanspruch möglich, dieser ist jedoch an erschwerte Bedingungen geknüpft, da der Arzt in dem Fall die gesamte Beweislast trägt.